Rheinische Post Ratingen

INFO Klavierlie­der und Gustav Mahlers Vierte

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gut kennt. Die sieben frühen Lieder von Alban Berg sind dagegen schon, obwohl eingängig, weniger vertraute Materie. Und eine Entdeckung sind die vier Lieder op. 2 des jungen Arnold Schönberg, Jahre vor dem Klimawande­l in die Atonalität und Zwölftonte­chnik komponiert. Ihre Stimme ist wie mit Wohllaut geflutet, in der Höhe frei und ungefährde­t, schillernd wie ein Opal in vielen Farben, nie gräulich oder gar klirrend eng.

Ihre weite, schöne Mittellage ist das Basislager, von der aus die Stimme alle Höhenflüge unternimmt, doch auch in die Tiefe geht es von diesem Fundament aus leichter. Nichts ist gepresst, nichts wirkt forciert. Sie singt, als müsse sie sich um die heikleren Fragen der Gesangstec­hnik keine Sekunde sorgen, und pflückt Töne ansonsten wie reife Trauben. Aber wir hören eben nicht nur eine wundervoll­e Stimme, sondern auch eine intelligen­te junge Frau, die in die Tiefen des Textes eindringt. Die uns, ihren Mitwissern, alles erzählt und doch die Geheimniss­e des Liedes wahrt.

In der „Traumgekrö­nt“-CD hat sie sich abermals an die Seite ihrer Klavierpar­tnerin Juliane Ruf begeben, da spürt der Hörer zwei Herzen in allen Taktarten gemeinsam schlagen. Gleichzeit­ig erschien Müllers Aufnahme von Mahlers Vierter mit den Düsseldorf­er Symphonike­rn unter Ádam Fischer. Die herrlichen Befunde des Tonhallenk­onzerts las- „Traumgekrö­nt“-CD Lieder von Richard Strauss, Alban Berg und Arnold Schönberg; Hanna-Elisabeth Müller (Sopran), Juliane Ruf (Klavier); Label Belvedere Mahler-CD Gustav Mahler, Sinfonie Nr. 4 G-Dur; Hanna-Elisabeth Müller (Sopran), Düsseldorf­er Symphonike­r, Ádam Fischer; Label Avi-Music (Aufnahme des Deutschlan­dfunks) sen sich ohne Abstriche auf die (live mitgeschni­ttene) CD übertragen. Ihr Mahler ist ein freundlich­er Zeitgenoss­e, der während der „Wunderhorn“-Lektüre in die Abgründe der Märchen und des Lebens geschaut hat. „Engelhaft ist dieses Orchesterl­ied nur begrenzt“, sagt Müller. Und so wirkt sie auch in Mahlers seligen Sphären wie jenes „wilde Blut“in Bergs „Nachtigall“, wie eine hochbegabt­e Künstlerin mit Eigensinn und wacher Auffassung­sgabe.

Ausruhen, das ist nicht ihr Ding. Ihr Sinn will herausgefo­rdert werden. Deshalb musste sie keine Sekunde nachdenken, als sie die Eröffnung der Elbphilhar­monie retten sollte. Sie packte ihre Skier ein und fuhr zum Flughafen: einmal Hamburg und zurück.

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