Die blühenden Gärten von Tiefenbroich
Der Gartenbau- und Heimatverein feiert am 30. September sein Erntedankfest - samt Prämierung der schönsten Vorgärten und Balkone im Ratinger Westen. Der Vorsitzende Wolfgang Kutsch (80) will sein Amt im Januar abgeben.
TIEFENBROICH Vor 93 Jahren kamen spezielle Samenkörner in den Boden der Bauernschaft Tiefenbroich. Ganz real, aber auch im übertragenen Sinne. Der 1924 gegründete Gartenbau- und Heimatverein Tiefenbroich versorgte die gärtnernden Gründungsmitglieder vor allem mit Saatgut, für Nutz- und zu einem Teil auch für Zierpflanzen. Die seither fest mit dem Ratinger Westen verwurzelte Gemeinschaft der Blumenliebhaber feiert am kommenden Samstag, 30. September, ihr großes Erntedankfest.
„Mach doch mit“lautet das Motto im blumengeschmückten Festsaal der Gaststätte Jägerhof. Bürgermeister Klaus Pesch ist Schirmherr des Festes und dankt dem Vorsitzenden und dem Verein „einmal mehr für sein engagiertes Wirken zur Förderung der Gartenkultur und Grüngestaltung“. Der Verein wird bleiben. Für den ersten Vorsitzenden Wolfgang Kutsch aber ist der Erntedank der Auftakt zu seiner Abschiedstour. „Im Januar 2018 – bei der Jahreshauptversammlung – werde ich den Vorsitz abgeben.“
Es sollen mal jüngere Leute ’ran, sagt der pensionierte Absatzberater und Marktforscher – und erst langsam realisiert der Zuhörer, dass der 80-Jährige damit die Sechzig- sowie Fünfundsechzigjährigen meint. Immerhin ist es ihm und dem Gartenbau- und Heimatverein in den vergangenen gelungen, neue Mitglieder zu werben. So blieb die Mitgliederzahl trotz einer Reihe von altersbedingten Austritten konstant bei gut 250. Was vermeintlich dröge klingt, ist keine kleine Leistung. Wolfgang Kutsch hat erlebt, wie rechts und links des Wegs Tiefenbroicher Vereine aus Mangel an Interesse kapitulieren mussten. Das soll so kurz vor dem hundertjährigen Bestehen dem Gartenbau- und Heimatverein nicht passieren.
„Meine Aufgabe war es in den vergangenen sechs Jahren, das Vereinsleben zu organisieren und Kontakte zu anderen Institutionen, zur Stadt Ratingen und zu anderen Vereinen zu halten“, sagt Kutsch nüchtern. So manche Vorsitzende würden an dieser Stelle nur zu gern von ihren Verdiensten und Leistungen berichten. Kutsch sagt stattdessen, was ihm nach eigener Meinung nicht gelungen ist: „Wir brauchen mehr Schwung im Verein, damit wir auch für die Jüngeren interessant bleiben.“Es gebe mittlerweile beinahe zu viele Angebote – da sei es für so einen Verein schwer, mitzuhalten.
Das mit knapp 100 Seiten pralle Festheft zum Erntedank spricht eine andere Sprache. Zahlreiche Anzeigen belegen, wie gut vernetzt der Gartenbau- und Heimatverein in Tiefenbroich ist. Der alljährliche Wettbewerb um den schönsten Vorgarten und den farbenfrohesten Balkon in Tiefenbroich und Ratingen West wirkt dabei wie Humus auf ein Rosenbeet.
In diesem Jahr hat die Familie Josef Kaminiorz den ersten Preis für Tiefenbroichs schönsten Vorgarten ins eigene Beet geholt „Ich konnte es kaum glauben“, freute sich Josef Kaminiorz immer noch. „Wir kamen gerade aus dem Urlaub, als wir diese gute Nachricht hörten.“Dem schönsten Balkon nennt in diesem Jahr die Familie Wilfried Karaschinski ihr eigen. Die Preise werden im Rahmen des Erntedankfestes verliehen.
Und in den Vorjahren hat der nun scheidende Vorsitzende Kutsch stets darauf geachtet, dass nicht immer dieselben die Wettbewerbspreise bekamen. Der unansehnliche Zustand der Verkehrsinseln in Tiefenbroich, die Suche nach einem Archivar für das Heimatarchiv, der beharrliche Einsatz für ein Mehrgenerationenhaus als Ortsmittelpunkt in einem Stadtteil ohne gewachsenes Zentrum – all das steht noch als „unerledigt“auf dem Aufgabenzettel des ersten Vorsitzenden.
„Dem neuen Vorstand wird nicht langweilig werden“, sagt Kutsch. Er werde seinen eigenen Garten intensiver genießen, den kleinen Teich und die Laube. Jetzt im Her bst sei die beste Zeit dafür – nicht mehr so heiß, und es gebe eine Natur in den schönsten Farben.
Auf die Fangfrage für jeden scheidenden Vorsitzenden fällt Kutsch nicht herein: „Natürlich helfe ich auf Anfrage meiner Nachfolge.“
Vor allem aber müsse die eigene Akzente setzen. Dabei dürfe ein Vorgänger, der sich aus vermeintlich guten Gründen in alles einmischt, nicht stören.