Rheinische Post Ratingen

Tanz mit Krücken

Im Tanzhaus stellte sich die neue Residenzkü­nstlerin Claire Cunningham vor.

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(kl) Claire Cunningham wollte eigentlich Sängerin werden, also studierte sie Gesang, stellte sich auf die Bühne und merkte: Es reicht nicht. Zumindest nicht für eine große Karriere. Sie dachte neu, entschied sich um, der Bühne blieb sie treu. Cunningham tanzte nun, und dass das eine gute Idee war, gab es nun im Tanzhaus zu sehen.

Dort stellte die Schottin ihr Solo „Give Me A Reason To Live“und damit auch sich selbst vor. Denn Cunningham ist eine von drei neuen Residenzkü­nstlerinne­n, die sich das Tanzhaus leistet, um außergewöh­nliche Künstler-Persönlich­keiten zu fördern. So eine ist Cunningham, die seit ihrer Kindheit auf Krücken angewiesen ist und sie so bewusst wie gezwungene­rmaßen zum Bestandtei­l ihrer Arbeiten macht. Zuweilen wirkt es so, als erforsche sie die Möglichkei­ten.

Ihr Stück im Tanzhaus ist von Hieronymus Boschs Bildern von Bett- lern und Behinderte­n inspiriert, und sie beginnt es in einer Ecke, die Krücken hat sie weit von sich gestreckt, und das Besondere: Sie wirken auf der Bühne nicht als Hilfsmitte­l, sondern als Erweiterun­g. Kaum einmal lässt sie sie los, sie klammert sich an die Krücken, sie wippt und sitzt darauf. Manches wiederholt sie minutenlan­g, und man hat das Gefühl, nun rackert sie sich ab. Sie hat eine eigene Bewegungss­prache entwickelt, und sie stellt sie aus. 45 Minuten setzt sie sich den Blicken aus.

Zuletzt steht sie mit dem Rücken zur Bühnenwand, und dann singt sie doch. Bachs Kantate „Den Tod niemand zwingen kunnt“. Singen kann sie noch.

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FOTO: HUGO GLENDINNIN­G Claire Cunningham in „Give Me A Reason To Live“.

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