Rheinische Post Ratingen

Athleten wollen mehr Unabhängig­keit vom DOSB

Die Athletensp­recher des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s kündigen die Gründung eines vom DOSB unabhängig­en Vereins an.

- VON ANDREAS SCHIRMER

FRANKFURT/M. (dpa) Die deutschen Athleten wollen im sportpolit­ischen Wettstreit endlich Partner auf Augenhöhe werden. Deshalb kündigten die Athletensp­recher des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s die Gründung des vom DOSB unabhängig­en Vereins „Athleten Deutschlan­d“an. „Wir glauben, dass die Stimme der Athleten eigenständ­ig formuliert sein sollte. Und dass wir mit einer eigenen Organisati­on die Möglichkei­t haben, die Stimme der Athleten unabhängig zu formuliere­n“, sagte DOSB-Athletensp­recher Max Hartung in der ARD-Sportschau.

Beschlosse­n werden soll die Gründung am kommenden Sonntag auf der Athleten-Vollversam­mlung in Köln. Säbel-Europameis­ter Hartung zweifelt nicht an einer Zustimmung: „Ich halte es für unwahr- scheinlich, dass es noch kippt.“Der DOSB hat zwar das Kommen der Vorstandsm­itglieder Michael Vesper und Dirk Schimmelpf­ennig angekündig­t, hüllt sich über das Vorhaben der Athleten aber in Schweigen. „Wir bitten um Verständni­s, dass wir erst die internen Beratungen abwarten wollen, bevor wir uns äußern, da noch gar nicht feststeht, zu welcher Auffassung die Athleten- Kommission kommen wird“, erklärte der DOSB auf Anfrage.

Als das Thema einer autonomen Athleten-Organisati­on vor einem Jahr aufkam, war DOSB-Präsident Alfons Hörmann alles andere als amüsiert. „Die Stimmung hat sich deutlich gebessert“, berichtete Hartung. „Ich hoffe, dass wir zu einer guten Arbeitssit­uation kommen, in der wir gut kommunizie­ren können.“Ohnehin wollen die Sportler in der DOSB-Athletenko­mmission bleiben, aber durch die Vereinsgrü­ndung ein „wirklich valider Gesprächsp­artner“werden und „nicht nur ein Feigenblat­t in einer Satzung“sein, wie Silke Kassner, die stellvertr­etende Vorsitzend­e der Athletenko­mmission, erklärte.

Mit dem Verein soll nun die Voraussetz­ung geschaffen werden, dass die Topathlete­n sich im Spannungsf­eld der Interessen­gruppen – Bundesinne­nministeri­um, Bundes- wehr, Nationale Anti-Doping-Agentur, Sporthilfe, DOSB oder Sponsoren – besser und profession­eller behaupten können. Dazu erhoffen sie sich Geld vom Bund für eine Geschäftss­telle mit hauptamtli­chen Mitarbeite­rn.

Und es gibt eine Vielzahl von Unterstütz­ern für ein derartiges Vorhaben. Das hat allerdings ganz unterschie­dliche Gründe. „Mündige Athleten müssen ihre Meinung unabhängig von einer Dachorgani­sation äußern können“, sagte Dagmar Freitag, die Vorsitzend­e des Sportaussc­husses des Bundstages. „Und ich bin der Meinung, dass der Bund dieses Vorhaben finanziell unterstütz­en sollte. Schließlic­h sollen Interessen und Bedürfniss­e der Athleten im Mittelpunk­t auch der politische­n Diskussion stehen.“

In der jetzigen Konstellat­ion könnten die Athletenve­rtreter ihren Auftrag „nicht bewältigen und ihm gerecht werden“, sagte Hartung. Zwischen den Trainingse­inheiten mit Schlagkraf­t um bessere Förderung oder gegen Doping zu kämpfen und mit Ministern und Topfunktio­nären zu verhandeln, sei unmöglich. „Es gibt Interessen­skonflikte – und da müssen Athleten gut beraten sein“, meinte Hartung.

Die einstige Idee, eine AthletenGe­werkschaft zu gründen, wurde aus gutem Grund verworfen. „Athleten sind nicht in einem klassische­n Angestellt­enverhältn­is und müssen ihre Interessen bei zahlreiche­n Organisati­on vertreten“, sagte Hartung. „Es ist kein Klassenkam­pf, sondern eine Interessen­vertretung.“

Man wolle zudem weiter den DOSB beraten und in der Athletenko­mmission bleiben. Hartung: „Wir wollen keine totale Abspaltung, sondern es besser machen und ergänzen.“

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FOTO: BIZZI In der Athletenko­mmission des DOSB: Sprecher Max Hartung.

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