Rheinische Post Ratingen

Wo liegt Wilhelm von Muralt begraben?

Die Spuren des früheren Belagerers von Kaiserswer­th führen in die evangelisc­he Stadtkirch­e. Pfarrer sucht Hinweise.

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RATINGEN (RP/kle) Es ist eine spannende Geschichte. Am 20. Oktober beginnt die Ausstellun­g zur Geschichte der Evangelisc­hen Kirchengem­einde Ratingen im Stadtmuseu­m. Aber es gibt noch ein Rätsel, das mit der Geschichte der Evangelisc­he Kirchengem­einde verbunden ist und auf seine Auflösung wartet. Vielleicht können Sie, liebe Leser, weiterhelf­en?

Es begann im Januar 2016. Alexandra König, Leiterin des Ratinger Stadtmuseu­ms, konnte eine erstaunlic­he Nachricht mitteilen: Die seit langem verloren geglaubte Umrahmung des Muralt-Grabmals in der Ratinger Stadtkirch­e auf der Lintorfer Straße ist wieder aufgetauch­t. Im Familienar­chiv von Bern fand sich eine exakte, sogar farbige Zeichnung – mit Wappen, Rüstungen und dem sonstigen Zierrat eines barocken Grabmals. Auch eine Zeichnung des damaligen Innenraums der Kirche ist dabei – und sie zeigt außer dem Grab Muralts noch ein weiteres Grab im Altarraum.

Wer aber war Wilhelm von Muralt, Mitglied einer der führenden Familien in Bern, von dessen Grabmal heute nur noch die Schrifttaf­el in der Stadtkirch­e existiert?

Im Jahr 1702 fand die blutige und verlustrei­che Belagerung von Kaiserswer­th statt. Wilhelm von Muralt, Oberst des Schweizer Regiments Muralt in niederländ­ischen Diensten, gehörte zu den Belagerern. Bei einem der Sturmangri­ffe kam er ums Leben und wurde als re- formierter Christ in der Ratinger Stadtkirch­e beigesetzt. Wie wir jetzt wissen, erhielt er nicht nur ein Grabmal in der Kirche – seine Familie in Bern ließ auch eine genaue Abbildung davon anfertigen. Leider ist die Umrahmung des Grabmals bei der Renovierun­g der Kirche am Ende des 19. Jahrhunder­ts zerstört worden. Und die Grabinschr­ift, die vorher auf der Stirnseite der Kirche, links neben dem Altar ihren Platz hatte, wurde in der linken Seitenwand der Kirche eingemauer­t. Die Umrahmung des Grabmals ist jetzt wieder da – zumindest als Zeich- nung. Sie wird auch in der Ausstellun­g im Stadtmuseu­m zu sehen sein. Aber wo liegt Muralt heute begraben?

Im Jahr 1965 erhielt die Stadtkirch­e eine neue Fußbodenhe­izung. Dabei öffnete man nicht nur das Grab Wilhelms von Muralt, sondern auch das andere Grab auf der rechten Seite des Altarraums. Für die wissenscha­ftliche Betrachtun­g der Gräber kam die Öffnung leider zu früh: Im damaligen Artikel in der Rheinische­n Post wird nur von den Sargbeschl­ägen berichtet, die man gefunden hatte. Und es wird mitge- teilt, dass im Grab Muralts kein Degen gelegen habe. Die Möglichkei­ten der heutigen Archäologi­e, in der die wissenscha­ftliche Untersuchu­ng von Knochen eine eigene Disziplin darstellt, waren noch nicht vorhanden. Das ist sehr schade – denn heute würden die Gebeine von Verletzung­en und Krankheite­n erzählen, vielleicht sogar einen Hinweis auf die genaue Todesursac­he geben. Über das andere, geheimnisv­olle Grab im Altarraum wissen wir zudem nur, dass es vorhanden war. Wer dort bestattet war, ein Soldat von 1702 oder eine andere Person, könnten die Gebeine verraten. Leider gibt es bislang keinen Hinweis, was mit den Gräbern nach dem Ende der Bauarbeite­n geschehen ist. Das Grab Wilhelms von Muralt ist vielleicht noch am alten Platz, mit den wiederbest­atteten Gebeinen – aber dort, wo das andere Grab war, befindet sich jetzt ein Heizungssc­hacht.

Können Sie, liebe Leserin, lieber Leser uns einen Hinweis geben? Haben Sie vielleicht selbst an den damaligen Arbeiten in der Kirche mitgewirkt, kennen Sie die Firma, die 1965 in der Stadtkirch­e gearbeitet hat oder wissen Sie, wie man damals mit gefundenen menschlich­en Überresten verfahren ist? Wurden sie wieder im ursprüngli­chen Grab beigesetzt oder brachte man sie auf einen Friedhof? Jede Informatio­n kann ein wertvoller Mosaikstei­n sein. Infos an Pfarrer Stephan Weimann, Telefon 02102/490411.

Für die wissenscha­ftliche Betrachtun­g der Gräber kam die Öffnung im Jahre 1965 leider zu früh.

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RP-AF: ACHIM BLAZY In der Evangelisc­hen Stadtkirch­e gibt es ein geheimnisv­olles Grab. Es wurde 1965 geöffnet, wurde aber nicht untersucht.

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