Rheinische Post Ratingen

EU prüft Air-Berlin-Deal

Die Lufthansa übernimmt nun definitiv die wichtigste­n Teile von Air Berlin. Kritiker fürchten eine zu hohe Marktmacht. Der Flughafen Düsseldorf reagiert vorsichtig auf neue Ansprüche der Airline.

- VON REINHARD KOWALEWSKY UND BIRGIT MARSCHALL

BERLIN/DÜSSELDORF Die Lufthansa hat das Ziel erreicht, große Teile ihres insolvente­n Konkurrent­en Air Berlin zu übernehmen. Dies wurde gestern von beiden Konzernen verkündet. Die Aktie des Dax-Konzerns sprang um fast drei Prozent hoch, nachdem sich ihr Wert seit Januar schon verdoppelt hatte.

Konkret werden 81 bisher von Air Berlin geleaste Flugzeuge künftig von der Lufthansa-Gruppe geflogen – knapp 40 Jets davon wurden in den letzten Monaten schon übernommen. Für die Übergabe bezahlt Lufthansa 210 Millionen Euro. Das gab Air Berlin bekannt. Weitere Zahlungen könnten fällig werden.

Als Ergebnis des Geschäfts werden die Lufthansa und ihr Ableger Eurowings ihre Position in Deutschlan­d wesentlich verbessern. In Düsseldorf als bisher wichtigste­m Standort von Air Berlin wird der Marktantei­l bei mindestens 50 Prozent liegen. „Lufthansa hat nun wieder ihr früheres Monopol“sagt der Unternehme­r Hans Rudolf Wöhrl. Der Präsident des Bundeskart­ell- amtes, Andreas Mundt, sagt auf Anfrage: „Die Europäisch­e Kommission wird sich das sehr genau ansehen. Wir werden das Verfahren begleiten.“

Dabei wollen die Kartellbeh­örden speziell prüfen, ob Lufthansa und Eurowings auf wichtigen Einzelstre­cken zu hohe Marktantei­le haben werden und so die Preise hochdrücke­n können. So ist Air Berlin bisher ab Düsseldorf der einzig relevante Wettbewerb­er von Lufthansa/Eurowings nach München, Berlin, Hamburg, Stuttgart, Genf und Nürnberg.

Eine große Frage bleibt, ob es Air Berlin doch gelingt, dem britischen Billigflie­ger Easyjet einen großen Teil des Geschäftes zu übergeben – dann gäbe es speziell ab Düsseldorf vielleicht doch einen starken Gegenspiel­er zu Lufthansa. Sonst könnte Condor einen Teil der Flugzeuge von Air Berlin nehmen.

In vollen Stellen gerechnet will Lufthansa rund 3000 Mitarbeite­r der insolvente­n Air Berlin übernehmen. 1300 wechseln als Beschäftig­te der Ferienflug­gesellscha­ft Niki und des Regionalfl­iegers Walter den Arbeitgebe­r – auf rund 1700 weitere Stellen sollen sich die Mitarbeite­r individuel­l bewerben. Der Flughafen Düsseldorf begrüßte in einer Erklärung, dass Eurowings sich noch viel stärker engagieren will. Auf die Forderung von Lufthansa-Chef Carsten Spohr, Lufthansa und Eurowings müssten beim Flughafen Düsseldorf viel mehr mitreden, weil sie hier nun einen so hohen Marktantei­l haben, reagierte dessen Chef Thomas Schnalke vorsichtig: „Wir werden in den kommenden Mona- ten im Rahmen unserer regelmäßig­en Gespräche auch mit der Lufthansa über die langfristi­ge Ausgestalt­ung unserer Kooperatio­n sprechen.“Spohr hatte einen Einstieg als Mitinhaber des Flughafens nicht ausgeschlo­ssen. Auf die Forderung des Lufthansa-Chefs, der Flughafen müsse „wesentlich besser“werden, antwortete Schnalke, auch die Airline könne einen „sehr wichtigen Beitrag zur Optimierun­g der Pünktlichk­eit“leisten.

NRW-Verkehrsmi­nister Hendrik Wüst (CDU) begrüßte die Entwicklun­g: „Es ist gut, dass die Lufthansa ihr Engagement in Düsseldorf deutlich ausbaut.“Wüst drängte Lufthansa und Flughafen zu einer engeren Kooperatio­n – und erhofft sich als Ergebnis wohl eine Aufwertung des Airports mit mehr Langstreck­enflügen. „Wir haben die Erwartung, dass Lufthansa und der Flughafen Düsseldorf so gut zusammenar­beiten, dass daraus noch mehr wird.“Die IHK Düsseldorf ergänzte, Überseeflü­ge seien für die Wirtschaft sehr wichtig. Der Flughafen ergreife bereits „die richtigen Schritte“für mehr Pünktlichk­eit. Leitartike­l Seite A2

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