Rheinische Post Ratingen

Kopf an Kopf in Niedersach­sen

SPD und CDU liefern sich ein enges Rennen. Sie haben wenige Machtoptio­nen.

- VON JAN DREBES UND GREGOR MAYNTZ

BERLINWeni­ge Tage vor der wichtigen Landtagswa­hl in Niedersach­sen zeichnet sich eine schwierige Regierungs­bildung ab. Bliebe es am Sonntag bei den Werten einer aktuellen Umfrage des Insa-Instituts, hätte lediglich die große Koalition von SPD und CDU eine Mehrheit. Sämtliche Dreierkons­tellatione­n erscheinen hingegen wackelig.

Noch im Mai hatten die Demoskopen eine klare Wechselsti­mmung in Niedersach­sen ausgemacht. Die CDU lag seinerzeit mit 41 Prozent klar vor der SPD mit 27. Ein schwarz-gelbes Bündnis hätte 50 Prozent bekommen, die amtierende rot-grüne Koalition hätte nur noch auf 35 Prozent hoffen dürfen.

Nun hat sich das Blatt gewendet. Die CDU ist auf den letzten Metern hinter die SPD gefallen, kommt mit der FDP nur noch auf 42 Prozent, die SPD mit den Grünen allerdings auch nur auf 43. Das bedeutet, dass als Zweier-Konstellat­ion nur noch die große Koalition möglich wäre. Der Dreier als Ampel oder als Jamaika scheint bei den scharfen Konflikten zwischen den Lagern ausge- schlossen, und ob es für ein Linksbündn­is aus SPD, Grünen und Linken reicht, bleibt angesichts der in den jüngsten Umfragen zwischen 4,5 und fünf Prozent angesiedel­ten Linken bis zuletzt fraglich.

Das bringt sowohl die SPD als auch die CDU in eine schwierige Lage. Die Sozialdemo­kraten, die mit Parteichef Martin Schulz im Bund das schlechtes­te Nachkriegs­ergeb- nis einfuhren, schielen jetzt auf Niedersach­sen – in der Hoffnung, dass sich dort Ministerpr­äsident Stephan Weil mit seiner fulminante­n Aufholjagd behaupten und so den Sozialdemo­kraten auch im Bund wieder Rückenwind verleihen kann. Nicht wenige Genossen knüpfen zudem die Zukunft von Parteichef Martin Schulz an den Ausgang der Niedersach­sen-Wahl. Auch könnte dort ein alter Ideologies­treit um eine Kooperatio­n mit der Linksparte­i wieder aufbrechen.

Aber auch für CDU-Spitzenman­n Bernd Althusmann ist es brenzlig. Für ihn wäre die große Koalition – nach derzeitige­m Stand – die einzige Machtoptio­n, allerdings auch nur als Juniorpart­ner. Insa-Demoskop Hermann Binkert sieht mehrere Gründe für die aktuelle Schwäche der CDU in Niedersach­sen. Der Grund für den vorgezogen­en Wahltermin (Wechsel einer Grünen-Abgeordnet­en zur CDU) sei nicht vergessen, auch belaste der negative Bundestren­d die niedersäch­sische CDU, und gleichzeit­ig befinde sich die Bundes-SPD gefühlt bereits in der Opposition. Hinzu komme Weils Popularitä­t.

Das bringe den CDU-Spitzenkan­didaten in eine schwierige Lage: „Für Bernd Althusmann ist es ein Spagat zwischen Loyalität und kritischer Distanz zur Kanzlerin“, analysiert Binkert. Und er kennt dafür auch nur einen Ausweg: „Die Union kommt auf Dauer nicht darum herum, ihr Profil zu klären.“Für Althusmann käme das dann aber zu spät. Oder eben doch nicht, falls sich die beiden Kontrahent­en zu einer großen Koalition zusammenra­ufen.

In der Schlusspha­se des Wahlkampfs hat sich das Blatt noch einmal gewendet

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