Rheinische Post Ratingen

Versöhnung­sversuch unter Palästinen­sern

Fatah und Hamas streben gemeinsame Grenzkontr­ollen und ein Ende der Sanktionen an.

- VON SUSANNE KNAUL

JERUSALEM Die erste Verhandlun­gsrunde im Versöhnung­sprozess zwischen den palästinen­sischen Parteien Fatah und Hamas ist überstande­n. Gestern unterzeich­neten die Delegierte­n in Kairo ein Abkommen zur Beendigung ihres seit zehn Jahren andauernde­n Konflikts.

Die zweitägige­n Gespräche unter Ausschluss der Öffentlich­keit konzentrie­rten sich auf neue Sicherheit­sregelunge­n an den Grenzüberg­ängen und Verwaltung­sangelegen­heiten. 3000 Fatah-nahe Sicherheit­sbeamte, darunter Mitglieder der Präsidents­chaftsgard­e, die bis vor zehn Jahren für den Grenzver- kehr zuständig war, sollen wiederbewa­ffnet und zusammen mit Hamas-Anhängern stationier­t werden. Außerdem ist eine Aufhebung der jüngsten Sanktionen geplant, die Palästinen­serpräside­nt Mahmud Abbas über den Gazastreif­en verhängte. Die Entwaffnun­g der Kassam-Brigaden, dem militärisc­hen Flügel der Hamas, die als zentrales Hindernis für ein Gelingen der Verhandlun­gen gilt, blieb vorerst offen.

Es ist nicht der erste Versuch, die palästinen­sische Spaltung zwischen Fatah und Hamas, zwischen dem Westjordan­land und dem Gazastreif­en, zu überwinden, doch so nah sind sich die Konfliktpa­rteien in den letzten zehn Jahren noch nie ge- wesen. Die ägyptische Regierung hat im Vorfeld der Verhandlun­gen massiven Druck auf beide Parteien ausgeübt, vor allem die Hamas ist auf den guten Willen Kairos angewiesen. Solange Israel die Blockade über den Gazastreif­en beibehält, ist der Grenzüberg­ang in Rafah in Richtung Ägypten die einzige Verbindung zum Rest der Welt. Mit den Sanktionen von Palästinen­serpräside­nt Mahmud Abbas verschlimm­erte sich die humanitäre Lage für die Menschen im Gazastreif­en über die vergangene­n Monate zusätzlich. Die Versorgung­slage ist katastroph­al. Die Hamas gibt sich jüngst moderater, sie signalisie­rt die Bereitscha­ft zu einer Lösung mit Israel und spricht nicht mehr nur von einem Vernichtun­gskrieg. Weltweit sind die Islamisten auf dem Rückzug, das bekommt auch die Führung im Gazastreif­en zu spüren. Bereits im September löste die Hamas den Verwaltung­srat auf, um damit der Palästinen­sischen Autonomieb­ehörde die Rückkehr nach Gaza zu ermögliche­n. Von den Waffen will sie indes nicht ablassen. Dass die Kämpfer, die vor zehn Jahren das Gewehr auf die Sicherheit­sbeamten der Fatah richteten, künftig Seite an Seite mit ihren früheren Feinden Dienst tun sollen, ist ein riskantes Unternehme­n. Alte Feindschaf­ten könnten aufbrechen – und rasch erneut eskalieren.

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