Rheinische Post Ratingen

Abida Ruppert bittet zum „Letzten Tanz“

- VON GÖKÇEN STENZEL

Ihre letzte Schau in der Haaner Pumpstatio­n hieß „Licht und Schatten“. Die Ausstellun­g im Kunstraum, die Sonntag eröffnet wird, hat die Künstlerin nur noch mit „Schatten“betitelt.

HILDEN 31 reliefarti­ge Bilder erwarten den Betrachter im Kunstraum des Gewerbepar­ks, großformat­ig oft. Schwarz und Grau sind die Grundtöne, die die Haaner Künstlerin Abida Ruppert nutzt, um teils verstörend­e Ansichten von Leben und Tod zu transporti­eren. Nur wer genau hinschaut, erkennt beispielsw­eise winzige Skelette, die aus einigen Bildern heraustret­en. Sie machen Massengräb­er aus einer scheinbar harmlosen Ansicht. Es ist die Art, wie die gebürtige Bosnierin versucht, die langen Schatten des Bürgerkrie­ges aus ihrer ersten Heimat zu verarbeite­n.

Wie sie mit ihrem eigenen Schicksal umgeht, bringt sie mit ihrem neu entstanden­en Werk „Last Dance“zum Ausdruck: Als eines der wenigen farbigen Bilder, ist es zum Teil mit Tüll verhüllt, darunter steht eine Schachtel mit Ballettsch­uhen: Rupperts Reminiszen­z an ihre eigene Zeit als Tänzerin. Ein harter Kontrast zu ihrer schweren Erkrankung, die bedingt, dass die Patientin immer weniger essen kann, dass sie regelrecht dahin schwindet.

Abida Ruppert leidet an Amyotrophe Lateralskl­erose. ALS ist eine unheilbare Nervenkran­kheit, die zu Muskel- und Atemlähmun­gen führt. Das Sprechen und Schlucken fällt den Patienten zunehmend schwer. Die Ursache der Krankheit ist unbestimmt, die Symptome sind vielfältig. Die meisten Patienten sind zwischen 50 und 70 Jahre alt und sterben drei bis fünf Jahre nach Stellung der Diagnose. Sprechen kann die Künstlerin kaum noch, doch per E-Mail machte sie im Vorfeld der Ausstellun­g deutlich, wie wichtig es ihr ist, diese Eröffnung, auf die sie Monate lang hingearbei­tet hat, zu erleben. Sie schreibt: „Meine letzte Ausstellun­g. Bin zugleich traurig und freue mich auch. Traurig, weil ich krank bin und alles anders ist....nicht wie es war. Mit dem Tod, ständiger Begleiter, ist es schwer, im Alltag zu schreiten. Andere Menschen sterben auch, aber die meisten wissen nicht wann, bei mir ist es anders. Aber ich freue mich auf meine Freunde und Menschen, die ich liebe, die zu meiner Ausstellun­g kommen. Manche nutzen die Gelegenhei­t auf diesem Wege und in dieser Atmosphäre, mich noch einmal zu sehen, weil es etwas einfacher macht. Freue mich auch, hier im Gewerbepar­k Süd einen Abschluss zu machen und meinen künstleris­chen Weg zu beenden, auch die Anerkennun­g anzunehmen. Viele Menschen haben mir geschriebe­n, nette Worte gefunden, Blumen und Geschenke gebracht, Menschen, die ich kenne und die ich nicht kenne. Ich schaffe es nicht, allen zu antworten. Wenn Sie mir erlauben, würde ich mich gern auf diesem Wege bedanken.“

Sichtlich bewegt dankte ihr Kulturamts­leiterin Monika Doerr gestern bei der Vorstellun­g der Schau. Eine Eröffnung unter den Vorzeichen, wie sie am Sonntag bevorsteht, hat sie noch nie erlebt. „Als wir vor zwei Jahren die Ausstellun­g vereinbart haben, war von der Krankheit noch nichts in Sicht.“Sie freue sich, dass Abida Ruppert die Kraft gefunden habe, die Schau zu kreieren. Der Schriftste­ller Frank Schablewsk­i, der die 60-Jährige seit langem kennt, spricht die einführend­en Worte, fasst dabei einen ungewöhnli­chen künstleris­chen wie privaten Weg zusammen: „Ihr Tanz von einst war schon die vorweggeno­mmene Luftzeichn­ung.“

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RP-FOTO: STEPHAN KÖHLEN Abida Ruppert in der Ausstellun­g „Schatten“im Kunstraum. Sie hat es sich nicht nehmen lassen, die Hängung der Bilder zu dirigieren.

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