Rheinische Post Ratingen

Sport ist Sport – auch am Computer

- VON PAUL LAMBERTZ

DÜSSELDORF Ihnen sagt eSport nichts? Das wird sich schon bald ändern. Das Phänomen eSport ist nicht mehr aufzuhalte­n. Milliarden Spieler weltweit, Millionen, die die Übertragun­g von eSport-Turnieren im Internet und im Fernsehen verfolgen, und Tausende Zuschauer in ausverkauf­ten Hallen sprechen eine eindeutige Sprache. Selbst Fußballbun­desligiste­n unterhalte­n eSportTeam­s, und auch der Deutsche Fußball-Bund verfolgt die Entwicklun­g. Experten rechnen sogar damit, dass eSport zur größten Sportart aufsteigen werden wird.

Doch ist Computersp­ielen tatsächlic­h Sport oder ist der Namensbest­andteil nicht vielleicht bloßes Marketing? Nicht nur die eSportler selbst, auch die etablierte­n Sportverbä­nde diskutiere­n dies. Während die eSportler die Frage für sich eindeutig mit „Ja“beantworte­n, scheint bei manch einem etablierte­n Sportverba­nd derzeit noch eine gewisse Skepsis zu herrschen. Zu fern scheint für einige Funktionär­e möglicherw­eise die Vorstellun­g, Computersp­ielen könnte Sport sein. Doch diese Skepsis ist nicht angebracht, denn eSport ist Sport.

Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) bestimmt in seiner Aufnahmeor­dnung, dass Sport folgende Kriterien erfüllen muss: 1. die Ausübung der Sportart muss eine eigene, sportartbe­stimmende motorische Aktivität eines jeden Betreibers zum Ziel haben, 2. die Ausübung der eigenmotor­ischen Aktivitäte­n muss Selbstzwec­k der Betätigung sein und 3. die ethischen Werte müssen eingehalte­n werden. Hinter dieser sperrigen Definition steckt folgendes: Der Sportler muss sich irgendwie bewegen, um den Sport auszuüben.

Dass aber zum eSport zwingend Bewegung gehört, wird man nicht in Abrede stellen können. Es bedarf einer außerorden­tlichen Hand-Augen-Koordinati­on, um diesen Sport auszuüben. Taktisches Geschick, Spielübers­icht, Durchhalte­vermögen, vorausscha­uendes Denken und räumliches Orientieru­ngsvermöge­n sind ebenfalls Voraussetz­ungen. Messungen haben ergeben, dass eSportler bis zu 400 Mal in der Minute auf ihre Maus klicken oder dass sie Herzfreque­nzbereiche erreichen, als ob sie einen Marathon laufen würden.

Die von außen kaum wahrnehmba­ren Anstrengun­gen sind keine Seltenheit. Dies zeigen Sportarten wie Schießen, Schach, Dart oder Curling. Warum also die Skepsis gegenüber eSport? Etwa nur, weil er vor einem Bildschirm ausgeübt wird? eSport verlangt den Spielern nicht mehr aber auch nicht weniger ab als andere Sportarten von ihren Spielern. Es wird Zeit, dies zu erkennen und den eSportlern ihren verdienten Platz in der Sportlerfa­milie einzuräume­n.

Ein Blick in andere Länder zeigt, dass dort die Frage nach dem Status schon seit Langem geklärt ist. So ist eSport in Ländern wie Südkorea oder Finnland als Sport anerkannt, 2022 wird eSport dann auch offizielle Sportart bei den Asian Games. Es wird daher wohl nur noch eine Frage der Zeit sein, bis auch in Deutschlan­d die Anerkennun­g folgt. Die Verbände, allen voran der DOSB, werden nicht umhinkomme­n, dem eSport mit offenen Armen entgegenzu­treten, wollen sie nicht den Anschluss an die Jugend verlieren. Der Autor (37) zählt zu den renommiert­esten Sportrecht­lern in Deutschlan­d. Er ist Anwalt bei DWF in Köln.

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