Rheinische Post Ratingen

Düsseldorf­er erfinden Windel ohne Klebstoff

Gifte in Babywindel­n machten in den vergangene­n Monaten bundesweit Schlagzeil­en. Zwei Düsseldorf­er haben nun ein Verfahren zum Patent angemeldet, das Windeln ohne Klebstoffe möglich macht.

- VON THORSTEN BREITKOPF

Ein Jahr, zwei Jahre, manchmal drei Jahre lang tragen kleine Kinder Wegwerfwin­deln, fast 24 Stunden am Tag, bis sie es auch ohne schaffen. Wegen des engen dauernden Hautkontak­tes sollte die Stoff-Hosen schadstoff­frei sein. Immer wieder aber kommt der Verdacht auf, dass die in Windeln verarbeite­te Chemie genau das eben nicht ist. Zuletzt erregte ein Bericht im ZDFWirtsch­aftsmagazi­n Wiso aufsehen. Dort waren in einer Windel des Hersteller­s Pampers Dioxine festgestel­lt worden. Zwar waren sich Hersteller und Reporter einig, dass die Mengen so gering seien, dass keine akute Gefahr fürs Baby ausgehe, aber Gift bleibt Gift, besonders beim Kleinkind.

Und so lange man nicht weiß, ob die Substanzen nun schädlich sind oder nicht, sollte man nach Wegen suchen, diese zu vermeiden, dachten sich die Düsseldorf­er KlebstoffE­xperten Michael Gierlings und Thorsten Klomfass. Sie arbeiten mit ihrer Firma KGP eigentlich meist als Sachverstä­ndige in Klebstofff­ragen. Beide waren viele Jahre bei Henkel tätig, einem der größten Hersteller von Klebstoffe­n weltweit. Und die Idee der beiden? „Wir brauchen ein Verfahren, in dem man den Klebstoff bei der Herstellun­g einer Win- duktion mit Wärme einerseits und Kälte anderersei­ts das Material bearbeitet“, sagt Klomfass. So verbinden sich wasserfest­e Folie und Vliess ohne Kleber. „Man kann sich das vorstellen wie Wachs, der auf eine Tischdecke tropft und weil er noch heiß und flüssig ist, untrennbar ins Gewebe eindringt“, erklärt Gierlings. 2013 meldeten die Unternehme­r das Verfahren zum Patent an. Danach begannen umfangreic­he Experiment­e in Zusammenar­beit mit der Firma Infratec und der RWTH Aachen. Inzwischen wird an einer Pilotanlag­e zur Fertigung in Augsburg gearbeitet. Erst vergangene Woche kam die gute Nachricht nach vier Jahren Arbeit: Das Patent wird europaweit gewährt.

Neben dem Gesundheit­sschutz fürs Kind hat die kleberlose Idee noch ganz andere Vorteile, zumindest wenn man das Patent auf andere Hygienepro­dukte wie Binden oder OP-Tücher überträgt. Denn Klebstoff hat nicht den Ruf, unglaublic­h umweltfreu­ndlich zu sein. Und für diese Produkte werden jährlich weltweit 20.000 Tonnen Klebstoffe produziert. Diese sind darüber hinaus auch nicht gerade billig, auch wenn man das ob der geringen Mengen pro Produkt denken könnte. „Der Weltmarkt dieser Klebstoffe setzt jährlich mehr als 80 Millionen Euro um“, sagt Klomfass.

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