Rheinische Post Ratingen

Checkliste für angehende Gründer

Krankenver­sicherung, Gründungsz­uschuss, Kundenakqu­ise: Wer aus der Festanstel­lung in die Selbststän­digkeit wechselt, muss viele Dinge angehen.

- VON TOBIAS HANRATHS

„Ich schmeiß hin und mach mich selbststän­dig.“Gedacht haben das viele Berufstäti­ge schonmal. Die Zahl derer, die tatsächlic­h den Sprung ins Selbststän­digen- oder Freiberufl­erdasein wagen, ist aber deutlich kleiner. Wer sich vorher mit den folgenden sieben Fragen auseinande­rsetzt, hat aber eine gute Grundlage für das Abenteuer Gründung: Will ich das wirklich? Im Zorn kündigen und als eigener Chef neu anfangen: Das klingt verlockend, ist aber genau falsch. „Die Gründung sollte immer positiv motiviert sein“, sagt die Hamburger Karrierebe­raterin Svenja Hofert. Am besten gelingt der Start in die Freiheit, wenn es nicht Knall auf Fall geht, sondern schrittwei­se – mit etwas Freiberufl­ichkeit nebenher zum Beispiel, die man dann langsam ausweitet. Habe ich genug Zeit? Wichtige Frage. Denn es gibt einiges an Formularen auszufülle­n, zu regeln, zu organisier­en und zu beantragen. Ein Zeitaufwan­d, den man nicht unterschät­zen sollte: „Das meiste davon sollte man vor der Gründung erledigen“, sagt Andreas Lutz, Vorsitzend­er beim Verband der Gründer und Selbststän­digen Deutschlan­d (VGSD). „Ein Monat ist vermutlich zu knapp, zwei bis drei braucht man dafür in der Regel schon.“ Was will ich machen? Die Antwort auf diese Frage bestimmt, wie schwer die Gründung fällt. Eher leicht haben es etwa IT-Fachkräfte, die in die selbststän­dige Projektarb­eit wechseln. „Die sind oft schnell zu 80 oder 100 Prozent ausgelaste­t“, sagt Hofert. Zu- dem ersparen sie sich kleinteili­ge Rechnungen und mühsame Kundenakqu­ise. Bei den verkammert­en Berufen – Architekte­n oder Anwälten etwa – ist der Start komplizier­ter. „Da gibt es aber immerhin Vorgaben zu den Honoraren, die Branchen haben relativ feste Strukturen.“Andere Freiberufl­er haben diesen Luxus nicht – und damit oft die anspruchsv­ollste Gründung vor sich. Habe ich einen Plan? Die Antwort auf diese Frage sollte „Ja“sein, denn ohne geht es nicht. Einen Businesspl­an zu schreiben ist das A und O der Gründung, sagt Lutz: „Und zwar wirklich zu schreiben, nicht bloß zu kopieren.“Für viele Gründungen gibt es im Netz zwar Vorlagen. Wer die blind übernimmt, setzt sich mit den wichtigen Fragen, die ein solcher Plan enthält, aber gar nicht auseinande­r. Woher kommen meine Kunden? Das hängt stark von der Jobsituati­on vor dem Start in die Selbststän­digkeit ab. „Da sollte man vorher sehr gründlich drüber nachdenken, wie man vorgeht und welche Kontakte oder Netzwerke man schon hat“, sagt Lutz. Ansonsten ist das Klappern in eigener Sache ein wichtiger Bestandtei­l der Gründung – also Networking, Kundenakqu­ise und der Aufbau profession­eller Aushängesc­hilder: eine Webseite zum Beispiel, anständige SocialMedi­a-Profile und Visitenkar­ten. In was will ich investiere­n? Die meisten Gründer werden gerade am Anfang jeden Euro zweimal umdrehen. Der Impuls ist nachvollzi­ehbar, aber nicht unbedingt richtig. „Natürlich brauche ich nicht gleich teure Büroräume“, sagt Lutz. „Aber ein CoworkingP­latz statt des Home Office kann die paar 100 Euro schon wert sein.“Auch ein Steuerbera­ter oder ein Buchhaltun­gsbüro lohnt sich oft schon von Anfang an – weil es Zeit schafft für die eigentlich­e Arbeit. Wovon will ich leben? Auch wer nichts oder wenig investiert, braucht für den Start Geld – allein schon, um die Miete und den Lebensunte­rhalt zu bezahlen. Hinzu kom- men weitere Kosten, etwa für die gesetzlich­e Kranken- und Pflegevers­icherung. Und die sind oft happig: „Unter 400 Euro pro Monat geht es meistens nicht“, sagt Lutz. Wer unterstütz­t mich? Zur Überbrücku­ng der schwierige­n Gründungsp­hase gibt es verschiede­ne Fördermaßn­ahmen, den Gründerkre­dit StartGeld der KfW-Förderbank etwa, allen voran aber den Gründungsz­uschuss der Bundesagen­tur für Arbeit. Anspruch darauf haben laut

Recht & Arbeit Zur Überbrücku­ng der schwierige­n Gründungsp­hase gibt es verschiede­ne Fördermaßn­ahmen

Agentur alle Gründer, die aus der Arbeitslos­igkeit – auch wenn sie nur ein paar Wochen dauert – in eine selbststän­dige Tätigkeit wechseln. Daran zu kommen, kann aber knifflig sein. „Die Erfahrung zeigt, dass viele den Zuschuss eben doch bekommen, wenn sie den Antrag richtig stellen“, sagt Lutz. Wer beantworte­t meine Fragen? Nicht nur für den Antrag auf Gründungsz­uschuss lohnt sich der Besuch bei einem Gründungsb­erater: Denn er kennt vielleicht auch noch andere Fördermaßn­ahmen, er prüft den Businesspl­an auf Herz und Nieren und weiß um sonstige Fallstrick­e. Einen Überblick über existieren­de Angebote gibt es unter www.existenzgr­uender.de beim Bundeswirt­schaftsmin­isterium. Darüber hinaus rät Lutz, andere Selbststän­dige aus der gleichen Sparte zu befragen – selbst wenn das eigentlich Konkurrent­en sind.

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FOTO: CHRISTIN KLOSE Ohne Plan keine Gründung: Wer den Sprung in die Selbststän­digkeit wagt, muss sich vorher einige Gedanken machen.

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