Rheinische Post Ratingen

Harte Arbeitszei­t, spannender Job

- VON VERENA WOLFF

Wer Hotelfachm­ann wird, muss Gastgeber sein wollen. Denn die Ausbildung hat oft schwierige Arbeitszei­ten und wird nicht übermäßig gut bezahlt.

Henry Grote hat die Augen überall. Ist die Serviette richtig gefaltet? Liegt das Silberbest­eck an der korrekten Stelle? Braucht ein Gast Hilfe? Der 22Jährige wird Hotelfachm­ann, er ist in seinem letzten Lehrjahr im Hamburger Traditions­hotel „Atlantic“, das vom Kempinski-Konzern gemanagt wird. „Mir macht es Spaß, mich um die Gäste zu kümmern“, sagt der gebürtige Westfale. Nach seinem Abitur ging er zunächst ein Jahr nach Florida und arbeitet dort im Disney-Park Epcot.

Angehende Hotelfachl­eute müssten sich nicht zwingend direkt nach der Schule in die Ausbildung stürzen, sagt Sophia Funk, die Personalch­efin des „Atlantic“. Wer sich erst mal aufmacht um die Welt zu bereisen, ein soziales Jahr einlegt oder sich woanders engagiert, kann sich danach noch immer bewerben. „Denn so tut man etwas für die Fähigkeite­n, mit Menschen umzugehen und für Menschen da zu sein“, sagt Funk.

Schichtarb­eit, regelmäßig­er Dienst am Wochenende und die Pflicht, immer freundlich zu sein: Für die Hotellerie wird es aufgrund solcher Bedingunge­n immer schwierige­r, gute Auszubilde­nde zu finden. Und bezahlt wird die Ausbildung auch nur mittelmäßi­g, wie Zahlen des Deutschen Industrie- und Handelskam­merta- ges belegen: 672 Euro verdienen Azubis demnach im Westen im ersten Jahr durchschni­ttlich, 572 Euro im Osten. Im dritten Jahr sind es 862 beziehungs­weise 728 Euro. Im „Atlantic“beginnen die Azubis mit 710 Euro, im letzten Lehrjahr gibt es 900 Euro.

Allerdings: Verpflegt werden die Azubis oft in ihrem Hotel, auch gibt es Mitarbeite­runterkünf­te. „Sonst wäre es gerade in den großen Städten und den beliebten Urlaubsort­en schwierig“, sagt Sandra Warden. Sie ist Geschäftsf­ührerin beim Bundesverb­and des Deutschen Hotel- und Gaststätte­nverbandes und zuständig für die Ausbildung.

36 Monate dauert der Weg zum fertigen Hotelfachm­ann im Regelfall. Im Hotel muss jeder Azubi alles machen, sowohl im operativen als auch im administra­tiven Bereich. Grote arbeitet am liebsten direkt „am Gast“, wie das in der Branche heißt. Trotzdem hat er „auf der Etage“auch Betten gemacht und Zimmer geputzt.

Außerdem hat Grote in der Frühstücks­küche das Essen zubereitet, in der Warenwirts­chaft gearbeitet, bei der Planung von großen Konferenze­n geholfen und bei Banketten bedient. Vertrieb, Marketing, Veranstalt­ungsverkau­f, der Empfang und der Gästeservi­ce standen ebenfalls auf seiner Liste. Und einen Monat lang war er in Frankfurt in zwei anderen Kempinski-Hotels.

Das sei ein Vorteil, wenn Azubis bei einem internatio­nalen Unternehme­n oder einem Kettenhote­l arbeiten, sagt Warden. Dennoch sei die eine Ausbildung nicht zwangsläuf­ig besser als die andere: „Es gibt inhabergef­ührte Hotels, in denen die Auszubilde­nden fast schon zur Familie gehören und eine hervorrage­nde Schule durchlaufe­n.“Ein bestimmter Schulabsch­luss ist dabei nicht vorgeschri­eben. Trotzdem sind rund 30 Prozent der 20.000 Auszubilde­nden im Hotelfach Abiturient­en. Dennoch komme es viel mehr auf die Soft Skills an. „Aufgeschlo­ssenheit, Zuverlässi­gkeit, Flexibilit­ät, Organisati­onstalent, sprachlich­e Fähigkeite­n, Mobilität – das sind alles Dinge, die wichtig sind“, sagt Waden.

 ?? FOTO: MARKUS SCHOLZ ?? Weinprobe: Sommelier Lars Hentschel (links) und Hotelfachm­ann-Azubi Henry Grote bei der Arbeit im Hotel Atlantic Hamburg.
FOTO: MARKUS SCHOLZ Weinprobe: Sommelier Lars Hentschel (links) und Hotelfachm­ann-Azubi Henry Grote bei der Arbeit im Hotel Atlantic Hamburg.

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