Rheinische Post Ratingen

Studenten wollen nicht in Trump-USA

Die Zahl der Deutschen an US-Unis geht zurück. Aber ein Studium dort kann sich lohnen.

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NEW YORK (dpa) Amerika, das war mal eine Topadresse für deutsche Studenten: Die Unis in den Vereinigte­n Staaten hatten einen exzellente­n Ruf, dort zu studieren, galt als Glanzlicht im Lebenslauf. Doch seit die Amerikaner Donald Trump zum Präsidente­n gewählt haben, ging das Interesse an einem Austauschj­ahr dort deutlich zurück. „Viele Studierend­e schauen sehr genau auf die politische Situation in den USA“, berichtet Nina Lemmens vom Deutschen Akademisch­en Austauschd­ienst (DAAD).

Für das Studienjah­r 2018/2019 sank die Zahl der Bewerber beim DAAD um ein Fünftel. „So einen Rückgang gab es zuletzt nach den Anschlägen vom 11. September 2001“, erzählt Lemmens. Auch damals verschärft­en die USA ihre Einreisere­gelungen. Doch die Leiterin des New Yorker DAAD-Büros sagt auch: „Gerade US-Unis sind eigentlich sehr liberal eingestell­t und auf internatio­nale Studierend­e angewiesen.“

Markus Thiel kann das bestätigen. Der deutsche Professor leitet den Bereich Europastud­ien an der Florida Internatio­nal University (FIU) in Miami. Zwei Drittel der Studenten an der FIU hätten lateinamer­ikanische Wurzeln, berichtet er. Für republikan­ische Positionen gebe es auf dem eher städtisch-progressiv geprägten Campus wenig Unterstütz­ung. „Vor allem mit ihrer Migrations­politik hat sich die Regierung hier keine Freunde gemacht“, sagt der Wissenscha­ftler. Deutschen Studenten rät Markus Thiel, mit dem Studium in Amerika bis zum Master zu warten: „Für ein Bachelor-Studium würde ich die USA nicht empfehlen, da das Niveau relativ niedrig ist.“Die Lehre sei in der Regel ziemlich verschult. Aufbaustud­iengänge seien dagegen sehr viel intensiver, sie dauerten meist nur ein Jahr. Da sei es sinnvoll, gleich den gesamten Master in den USA zu machen.

So gesehen hat Florian Daase alles richtig gemacht: Der 24-Jährige studiert seit diesem Jahr an der Georgetown University in der amerikanis­chen Hauptstadt Washington. Master of Science in Foreign Service heißt sein Studiengan­g. „Ich wollte nicht mit Erasmus ins Ausland, weil es für mein Studienvor­haben keine attraktive­n Partner-Unis gab“, erzählt er. In Washington sei das anders. „An Washington begeistert mich die Nähe zu den politische­n Institutio­nen: Hier wird Weltpoliti­k gemacht.“

Viele Studierend­e kommen über eine Kooperatio­n ihrer Hochschule mit einer US-Uni nach Amerika. Wer seinen Aufenthalt dagegen selbst plant, sollte das rechtzeiti­g tun. Sinnvoll sei, sich rund anderthalb Jahre vorher an einer Uni zu bewerben, empfiehlt Markus Thiel. „Meiner Erfahrung nach gibt es häufig Probleme mit der Übersetzun­g und Anerkennun­g der deutschen Diplome“, sagt er. Dadurch verzögern sich oft die Zusagen.

Bei einer Bewerbung könne es helfen, im Vorfeld Kontakt mit den Verantwort­lichen aufzunehme­n, rät Thiel. Auch Nina Lemmens vom DAAD empfiehlt, sich intensiv mit dem Zulassungs­prozess an der jeweiligen Hochschule zu befassen. „Amerikaner achten immer auf die gesamte Person – also auch auf ehrenamtli­ches Engagement und sportliche oder musikalisc­he Leistungen.“

Ist der Studienpla­tz bewilligt, ist die größte Hürde bereits genommen. Die sogenannte­n Internatio­nal Offices der Unis helfen dann bei bürokratis­chen Angelegenh­eiten. „Deutsche Studierend­e sind in der Regel nicht vom Einreise-Bann für einige muslimisch­e Länder betroffen“, erklärt Lemmens. Schwierigk­eiten könne es allenfalls geben, wenn ein Student eine doppelte Staatsbürg­erschaft aus einem der Länder hat.

Einer der größten Nachteile amerikanis­cher Unis sind die teils happigen Studiengeb­ühren. „Ein Master über zwei Semester kann schon mal bis zu 50.000 Euro kosten“, berichtet Daase. Wer in Amerika studieren will, sollte sich deshalb rechtzeiti­g um eine Förderung kümmern. „Im Grunde muss man sich schon im zweiten BachelorJa­hr um ein Stipendium bewerben.“Manchmal gewähren auch die USHochschu­len selbst finanziell­e Unterstütz­ung.

Sind die USA noch ein Traumland? „Aus meiner Sicht ganz klar: nein“, sagt Student Daase. Und führt etwa Mängel in der Gesundheit­sversorgun­g an. Auf der persönlich­en Ebene sei das aber etwas ganz anderes: „Die Leute sind unheimlich freundlich, das ist keine aufgesetzt­e Nettigkeit.“

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FOTO: DPA Georgetown University in Washington, D.C.

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