Rheinische Post Ratingen

Verliebt in der Ferne

Die 27-jährige Rosie aus Düsseldorf wollte mit einer Mitfahrgel­egenheit einfach nur günstig von Regensburg in ihre Heimat Weimar fahren. Dabei verliebte sie sich in den gleichaltr­igen Alex. Nun führt das Paar eine Fernbezieh­ung – und ist trotzdem glücklic

- VON SASKIA NOTHOFER

DÜSSELDORF Vier Fremde saßen gemeinsam im Auto, und drei Stunden Fahrt lagen vor ihnen. So beginnt die Liebesgesc­hichte der 27-jährigen Rosie aus Düsseldorf und ihrem gleichaltr­igen Freund Alex. Die junge Frau machte damals ihren Master in Regensburg und mietete sich eine Mitfahrgel­egenheit über eine Mitfahrzen­trale, um für möglichst wenig Geld einen Besuch in ihrer Heimat Weimar zu machen. „Ich saß hinten, Alex war der Fahrer, und ich fand ihn direkt total attraktiv“, erzählt Rosie. Genau deshalb habe sie auch gedacht, dass er bestimmt bereits vergeben sei. Ein Irrtum.

Heute sind Rosie und Alex ein Paar – und immer noch viel unterwegs. Denn sie führen eine Fernbezieh­ung, pendeln zwischen Düsseldorf und Landshut. Und sind glücklich, wie sie sagen. „Wir sehen uns in der Regel alle zwei Wochen“, sagt Rosie. Laut dem Theologen, Therapeute­n und Autor Peter Wendl, der an der Katholisch­en Universitä­t Eichstätt-Ingolstadt zum Thema forscht, macht das junge Paar es so genau richtig. Denn Wendl meint, dass jedes Paar in einer Fernbezieh­ung wissen sollte, wann es sich wiedersieh­t. Mittelfris­tig seien Unterbrech­ungen der Fernbezieh­ung wie etwa ein gemeinsame­s langes Wochenende oder ein Urlaub wichtig. „Langfris- tig ist aber die wichtigste Frage: Wie lange soll das so gehen?“, sagt Wendl. Zudem sei es wichtig, dass Fernbezieh­ungs-Paare auch den getrennten Alltag alleine meistern können und damit zufrieden sind. Scheitern würden die meisten Paare nicht daran, dass sie sich selten sehen, sondern an der Kommunikat­ion. Das funktionie­re häufig nicht zufriedens­tellend.

Jeder achte Deutsche lebt heute in einer Fernbezieh­ung. Auch eine Folge des Kennenlern­ens? In Zeiten von Online-Dating könnte man meinen, dass sich die meisten Paare mittlerwei­le auf Partnerver­mittlungss­eiten wie Parship, Lovescout2­4 oder über die Dating-App Tinder kennenlern­en. Doch das stimmt nicht. Eine Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach aus dem Jahr 2013 ergab, dass sich rund 27 Prozent der Paare über den Freundesod­er Bekanntenk­reis treffen. Eine gemeinsame Unternehmu­ng oder eine Party – schon kann der Funke überspring­en. Laut Beziehungs­coach Dominik Borde eignen sich die Apps für schüchtern­e Leute. „Immerhin weiß man, dass der andere auch auf der Suche ist und vermutlich keinen Partner hat“, sagt er. So werde man weniger mit Ablehnung konfrontie­rt, müsse niemanden direkt ansprechen. Er beobachte aber generell, dass im echten Leben – also offline – kaum geflirtet wird. Peter Wendl Therapeut

Glaubt man der Umfrage, trifft diese Beobachtun­g nicht zu. Denn laut des Instituts rangiert das Kennenlern­en über Online-Partnerbör­sen mit einem Anteil von nur zwei Prozent auf einem der letzten Plätze. Ähnlich schlecht schnitten etwa das Kennenlern­en bei Großverans­taltungen wie Festivals oder im Bus, in der Bahn oder im Flugzeug ab. Zählt man die Mitfahrgel­egenheit dazu, gehören Rosie und Alex also zu dem einen Prozent der Paare, die sich in öffentlich­en Verkehrsmi­tteln kennengele­rnt haben. „Während der Fahrt schaute Alex die ganze Zeit in den Rückspiege­l, um mich anzusehen“, erzählt die 27-Jährige, die mittlerwei­le bei Vodafone in Düsseldorf arbeitet.

Zurück in Bayern, wo Alex in Landshut als Bundesbeam­ter arbeitet, haben sie angefangen, sich zu treffen. „Von da an ging alles ganz schnell. Es hat gefunkt, und schon waren wir zusammen“, sagt Rosie. Dabei war der Moment ungünstig. Die 27-Jährige befand sich in den letzten Zügen ihres Masterstud­iums, es war unklar, wo sie danach arbeiten würde. Alex dagegen wurde gerade auf Lebenszeit verbeamtet, und es stand fest, dass er in Bayern bleiben wird. Geschadet hat dies der jungen Liebe aber nicht.

Egal ob Fernbezieh­ung oder nicht: Beliebte Gelegenhei­ten zum Kennenlern­en sind abgesehen vom gemeinsame­n Freundeskr­eis laut dem Institut für Demoskopie Allensbach das Ausgehen in Bars oder Clubs am Abend, der Arbeitspla­tz, gemeinsame Interessen oder Hobbys sowie die Nachbarsch­aft. Rund die Hälfte der Deutschen glaubt dieser Umfrage sogar noch an die Liebe auf den ersten Blick. Nur ein Drittel hält solche Frühlingsg­efühle für eine Erfindung aus Hollywood-Filmen. Zwölf Prozent waren bei dieser Frage unentschie­den.

Noch heute nutzen Rosie und Alex regelmäßig das Angebot der Mitfahrgel­egenheit. „Sogar wenn wir irgendwo mit dem Auto hinfahren, nehmen wir noch andere Mitfahrer mit“, erzählt Rosie. Durch ihre Geschichte seien sie echte Fans der Mitfahrzen­trale geworden.

„Langfristi­g ist bei einer Fernbezieh­ung aber die wichtigste Frage: Wie lange soll das so gehen?“

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FOTO: PRIVAT Alex und Rosie lernten sich bei einer Autofahrt kennen und verliebten sich ineinander.

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