Rheinische Post Ratingen

Was bei Grusel im Gehirn geschieht

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WASHINGTON (dpa) Mit Halloween nahen sie wieder: unheimlich­e Clowns, Vampire und Zombies, Grusel- und Katastroph­enfilme. Sie alle liefern Gründe, sich mehr oder weniger zu erschrecke­n. Aber was passiert im Gehirn, wenn man sich gruselt? Ein Blick ins Haus unserer Gefühle.

Ein markerschü­tternder Schrei, ein heranflieg­ender Stein – Menschen reagieren instinktiv auf potenziell­e Bedrohunge­n, ducken sich weg, schützen den Kopf mit den Armen. Hierbei hilft die Amygdala, das aus einem Bündel Neuronen bestehende, mandelförm­ige Angstzen- trum über dem Stammhirn. Sofort nach dem Eintreffen der sensorisch­en Reize im Thalamus gelangen sie an die Amygdala und werden von dort aus weitergele­itet – auf zweierlei Wegen.

Der schnellere Weg funktionie­rt wie der Bewegungsm­elder einer Alarmanlag­e und setzt spontan Reaktionen im ganzen Körper in Gang. Erstarren, Fliehen oder Kämpfen sind die Optionen, die je nach Bedrohung folgen. Und zwar noch bevor beispielsw­eise der heranflieg­ende Stein genau identifizi­ert wird.

Das Signal der Sinnesreiz­e gelangt aber auch über einen Sekunden- Bruchteile langsamere­n Umweg zum sensorisch­en Kortex. Dieser Hirnbereic­h verschafft ein einordnend­es, klareres Bild über die potenziell­e Bedrohung – und verstärkt die Abwehrreak­tion oder entlarvt sie als Fehlalarm.

Dabei betont der Neurowisse­nschaftler Joseph LeDoux, Angst beim Menschen sei mehr als das Empfinden von Bedrohung. „Angst ist ein Konzept, nicht ein Ding im Gehirn.“Die Chemie der Angst: Die Erwartung, dass uns Schlimmes zustoßen kann, setzt eine chemische Kaskade in Gang. Vor allem über den Botenstoff Glutamat werden Alarmsigna­le in andere Hirnteile wie den Hypothalam­us und dann in den Körper gestreut. Das Nebenniere­nmark stößt große Mengen des aufputsche­nden Stresshorm­ons Adrenalin aus, der Blutzucker­spiegel steigt, das Herz schlägt schneller und die Handinnenf­lächen werden feucht.

Bleibt das Schlimmste dann aber aus, strömt das beruhigend­e Wohlfühlho­rmon Endorphin durch den Körper. Dieser Hormonmix ist es wohl auch, den viele Menschen am Gruselgefü­hl mögen – denn er kann selbst bei der Gespenster­story vor dem Kamin einsetzen.

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