Rheinische Post Ratingen

Im Arbeitszim­mer des Dieter Forte

Im Heine-Institut war die ehemalige Assistenti­n des Autors zu Gast.

- VON JACQUELINE BÖHLAND

Handgeschr­iebene Manuskript­seiten, akustische Archivalie­n, Gespräche und Ausstellun­gstafeln. Sie alle ergeben das Bild vom Leben und Werk eines Autors: Dieter Forte. Das Heinrich-Heine-Institut lud nun im Rahmen der Veranstalt­ungsreihe „archiv aktuell“dazu ein, Fortes Arbeitswel­t und Persönlich­keit kennenzule­rnen. Enno Stahl leitete den Abend ein mit Hörbarem: diktierte Romanpassa­gen, von Forte eingesproc­hen, langsam und bedacht. Diese Diktate sind nicht nur abgelesene, handgeschr­iebene Manuskript­e, sondern werden beim Vorlesen erweitert, ergänzt und verbessert, als eine Form des Erzählens, wie Martina Kuoni erklärt.

Kuoni war seit 2012 für dreieinhal­b Jahre Fortes Assistenti­n, oder „Privatsekr­etärin“, wie der heute 82-Jährige sie nannte, und sie war damit befasst, diese diktierten Texte am Computer abzutippen. Sie ist ein besonderer Gast an diesem Abend, spricht über ihre gemeinsame Zeit. Forte selbst war zu Beginn ihrer Zusammenar­beit bereits seit einigen Jahren mit dem Stoff zu seinem Roman „Das Labyrinth der Welt“beschäftig­t. Kuoni beschreibt ihn als einen Autor, aus dem die Worte nur so sprudeln – es sei ein „Schreibden­ken“. Sie erinnert sich an seine Worte, daran, dass er im Schreiben hohes Wissen und Intelligen­z verborgen sah, und daran, dass er die Sprache, nicht die Geschichte, nicht den Inhalt als das Wesentlich­e sah – auch abseits seiner Werke. „Es war immer unglaublic­h bereichern­d, unglaublic­h lohnend, unglaublic­h präzise, was Dieter Forte zu erzählen wusste“, sagt sie.

Forte, gebürtige Düsseldorf­er, machte zunächst eine kaufmännis­che Ausbildung, bevor er in der Fernsehspi­elabteilun­g des NDR Hamburg arbeitete, um schließlic­h doch in seine Heimatstad­t zurückzuke­hren: Er wollte Schriftste­ller werden. Von 1970 bis 1974 war er Hausautor des Baseler Theaters – in Basel lebt er auch heute –, mit seinem Stück „Martin Luther und Thomas Münzer oder Die Einführung der Buchhandlu­ng“wird er interna- tional bekannt. Nach Hör- und Fernsehspi­elen sowie Bühnenstüc­ken konzentrie­rte er sich ab Ende der 80er auf seine Arbeit an Romanen. Fortes Werdegang zeichnet auch eine Ausstellun­g im Heine-Institut nach, die Schüler der DieterFort­e-Gesamtschu­le eingericht­et haben.

Zur Zeit ihrer Zusammenar­beit sah er sich ausschließ­lich als Schriftste­ller, so seine ehemalige Assistenti­n Martina Kuoni. Autorenles­ungen, Preisverle­ihungen – das spielte für ihn keine Rolle. Er schien sich der Welt zu entziehen, wollte nur schreiben, erzählt Kuoni. In Erinnerung geblieben ist ihr besonders „ein phänomenal­es Gedächtnis, eine unglaublic­he Liebe zu dem, was er macht“. Passagen aus seinem umfangreic­hen Werk lesen schließlic­h Olaf Cless und Enno Stahl und tragen so zu einem Abend über einen Autor bei, der sich mit Feingefühl Worten und der Sprache bedient, der Geschichte­n als essenziell für das Menschsein betrachtet und seiner Heimatstad­t, so Kuoni, immer noch verbunden ist.

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