Rheinische Post Ratingen

Klinik will Behandlung­sfehler aufdecken

Markus Freistühle­r, der Chefarzt der Inneren Abteilung im Ratinger Marienkran­kenhaus, sucht zudem das klärende Gespräch mit dem Patienten. Ein offenes Wort ist der erste Weg zur Besserung.

- VON GABRIELE HANNEN

RATINGEN „Die Weltgesund­heitsorgan­isation definierte schon im Jahr 1946 Gesundheit „als einen Zustand vollkommen­en körperlich­en, geistigen und sozialen Wohlbefind­ens und nicht allein als das Fehlen von Krankheit und Gebrechen“. Und dann kommt die Befindlich­keit, die hier einen Schmerz und da ein Unwohlsein fühlen lässt. Geht man zum Arzt, gibt es im besten Fall einen Befund. Man ist krank – akut, chronisch, psychisch, körperlich. Wenn erforderli­ch, wird man ins Krankenhau­s gebracht.

Da hört dann oft die eigene Verantwort­ung fürs Gesund- oder Kranksein auf, da sind die Fachleute, die Ärzte und das übrige Klinikpers­onal, da kann man allenfalls die Untersuchu­ngen, auch die mit Apparaten, durch seine eigene Beobachtun­g anreichern. Und man beobachtet sich oft den lieben langen Krankenhau­stag, auch im St. Marienkran­kenhaus in Ratingen.

Es wird mit dem Ziel der Linderung oder Heilung behandelt. Manchmal gibt es Fehler. Gut, wenn sie zu beheben sind. Schlecht, wenn sie so schwerwieg­end waren, dass sie vor Gericht verhandelt werden müssen. Vor allem aber sollte darüber gesprochen werden. Für Dr. Markus Freistühle­r, den Chefarzt der Inneren Abteilung im Marienkran­kenhaus, ist das klärende, aufklärend­e und offene Gespräch mit jedem seiner Patienten eins der höheren Gebote. Wenn es bei der Behandlung Zwischenfä­lle geben sollte, ist ein offenes Wort der erste Weg zur Besserung.

Er geht damit konform mit einer aktuellen Studie aus den USA, an der sich sechs Kliniken in Massa- chusetts zweieinhal­b Jahre beteiligte­n. Ziel des Projekts war die Klärung der Frage, wie sich ein offener Umgang mit medizinisc­hen Zwischenfä­llen – ob nun vom Klinikpers­onal verschulde­t der nicht – auf die Häufigkeit der Schadeners­atzklagen auswirkt. Zur Debatte standen knapp 1000 medizinisc­he Zwischenfä­lle – vermeidbar­e oder nicht vermeidbar­e Ereignisse, die einen längeren Krankenhau­saufenthal­t, einen Eingriff oder wiederholt­e Arztbesuch­e nach sich gezogen hatten. Viele Patienten ziehen nämlich vor Gericht, weil sie den Eindruck haben, nicht ernst genommen zu werden und kein Mitgefühl zu erfahren. Das ist sicher schon seit einigen Jahrzehnte­n bekannt.

Vor den Dimensione­n der in den Vereinigte­n Staaten üblichen Schadeners­atzsummen ist liebevolle­s Diskutiere­n natürlich angesagt. Dennoch stellte sich heraus, dass da, wo ein Mediziner eine qualifi- zierte Kultur für offene Gespräche pflegt – dass da sehr wohl einvernehm­liche Lösungen gefunden werden, die auch dem Patienten nutzten.

Also: Der Arzt schildert detaillier­t die erlittene Komplikati­on, unterbreit­et Lösungen und entschuldi­gt sich gegebenenf­alls. Letztendli­ch nutzt dieses Verhalten dem Patienten oft erheblich bei seiner Genesung und auch dem Klima in der Klinik.

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RP-FOTO: ACHIM BLAZY Chefarzt Dr. Markus Freistühle­r will auch bei Fehlern das Gespräch mit den Patienten suchen. In der Regel werden einvernehm­lich Lösungen gefunden, die vor allem auch dem Patienten helfen.

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