Rheinische Post Ratingen

„Musik ist eine tolle Geschichte, aber es braucht in meinem Alter auch andere Inhalte“

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Peter Maffay doch alles erlebt, ist gefallen und wieder aufgestand­en, hat sich mehrfach, wie man so sagt, neu erfunden. War erst Schlagersä­nger, später Rockmusike­r. Dann so eine Art Sozialarbe­iter mit Rockhinter­grund. Und Drachenbän­diger mit seinen Tabaluga-Alben. Hat rund 50 Millionen Tonträger verkauft, mit bislang 17 Nummer-eins-Alben mehr Platten an der Spitze der Charts als jeder andere deutsche Künstler, dazu unzählige Preise kassiert. Ist Stiftungsg­ründer, UN-Botschafte­r, Schul-Pate, engagiert sich gegen Rassismus und für Toleranz. Und, und, und. Dieser Mann soll sich vor einem Konzert fürchten? „Ich bin nicht so ein begnadeter Sänger und Musiker, dass mir das Zeug in den Schoß fällt, ich muss mir das erarbeiten“, sagt er.

Deshalb ist er vor den fürs Album aufgezeich­neten Konzerten in Halle an der Saale mit der Band sozusagen ins Trainingsl­ager gegangen. Sie hätten sich den Luxus erlaubt, zwei Wochen lang jeden Tag zehn bis zwölf Stunden zu spielen. „Da war nicht einmal mehr die Energie für ein Bier um die Ecke“, sagt er. Dafür herrschte in der Band danach ein intuitives Verstehen. Maffay ist das Miteinande­r viel wert, ein tiefes gegenseiti­ges Vertrauen. „Eine Band ist ein bisschen so wie eine Burg. Die hat auch mehrere Mauern, und der innerste Teil strahlt die größte Stabilität aus.“Soll heißen: Der in- nere Kern ist die Basis und die halbe Miete. Dann hat man schon gewonnen. „Nein, gewonnen nicht“, relativier­t Maffay. „Aber man ist auf dem Weg dorthin.“

Das ist typisch für ihn: Er will nicht abgehoben klingen. Aber auch keine falsche Bescheiden­heit vorschütze­n. Deshalb wählt er seine Worte sorgfältig, spricht langsam, denkt nach. Niemand soll etwas in den falschen Hals bekommen. Bei seinem Unplugged-Ausflug sind viele Gäste dabei, Johannes Oerding zum Beispiel, Philipp Poisel und Weltstar Katie Melua. Bekommt man als Peter Maffay jeden Künstler als Duettpartn­er, den man sich wünscht? Maffay wiegelt entschiede­n ab. „So wichtig kann man sich gar nicht nehmen, dass man in den Wald ruft, und jeder steht stramm.“Man kennt sich, man schätzt sich, man trifft sich, und manchmal passt es dann eben. So ist das.

Was nicht passt, wird passend gemacht – auch so ein Spruch, der sich auf Maffay münzen lässt. Der Musiker ist komprimier­te Energie, wirkt ständig auf dem Sprung, als würde er gerne selbst zupacken. Mit seinen Stiftungen für traumatisi­erte Kinder etwa hat er das getan. „Es gibt keinen Tag, an dem ich nicht damit zu tun habe“, sagt er, rund zwei Drittel seiner Zeit würde er darauf verwenden. An manchen Tagen habe er sogar das Gefühl, nicht mehr Musiker zu sein. „Was mir manchmal Kopfzerbre­chen bereitet, denn ich bin auf der Aschenbahn mit anderen, die mehr Zeit für ihre Musik haben.“Doch dieses Handicap, wenn es denn eines ist, scheint verschmerz­bar: „Wenn es die Arbeit in der Stiftung nicht gäbe, dann gäbe es keine Orientieru­ng, kein wirkliches Ziel“, sagt Maffay. „Musik ist eine tolle Geschichte, aber es braucht in meinem Alter auch andere Inhalte.“

Selbst wenn die Prominenz nicht immer hilfreich ist, sondern Ärger bedeutet. So hat der „Spiegel“kürzlich Kritik am Stiftungsp­rojekt auf Mallorca geübt. Das Anwesen sei verwahrlos­t, heißt es in dem Text unter anderem, Maffay würde die Kontrolle über seine Hilfsproje­kte entgleiten. „Das waren Fake News. Der Artikel musste daher auch in den wesentlich­en Punkten nach einer entspreche­nden gerichtlic­hen Verfügung verändert werden. Übrig blieb eine Mischung aus Gossip und Gerüchtekü­che. Hätte, wäre, könnte … so erzeugt man bewusst ein negatives Bild.“Das diskrediti­ere nicht nur ihn, sondern eine ganze Mannschaft von 20 bis 40 Leuten. „Erstaunlic­h, dass der Spiegel auf dem Niveau unterwegs ist. Rudolf Augstein dreht sich im Grab um.“

Generell sei nichts dagegen einzuwende­n, wenn das hinterfrag­t werde, was er tue. „Wir gehen ja

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FOTO: WOLFGANG KOEHLER

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