Rheinische Post Ratingen

Das Hetjens reitet auf Erfolgswel­le

Die Ausstellun­g von Gabriele Henkel zieht Besucher in das Keramikmus­eum. Die neue Chefin möchte das Haus zukunftsfe­st machen.

- VON ANNETTE BOSETTI

Eben befand es sich noch am Abgrund, nun steht es besser da als zuvor. Das Hetjens-Museum ist nicht mehr länger bedroht von einer Zwangseinw­eisung unter das Dach eines anderen Düsseldorf­er Museums, wie es die verantwort­lichen Politiker eine Zeit lang vorgeschla­gen hatten. Und es hat mit Daniela Antonin auch eine neue junge energische Leiterin erhalten, die die Belange des großartige­n Keramikmus­eums nach vorne treibt.

Mit seiner einzigarti­gen Spezialsam­mlung behauptet das im Palais Nesselrode untergebra­chte, vielleicht unscheinba­r anmutende Haus in der Schulstraß­e deutschlan­dweit, wenn nicht europaweit eine Alleinstel­lung. Keramik höchster Qualität aus 8000 Jahren Menschheit­sgeschicht­e wurde exemplaris­ch zusammenge­tragen. Und dass es daran ungebroche­nes Interesse gibt, beweisen die jüngsten Besucherer­hebungen. Im Vergleich zum Vorjahr vermeldet die Museumslei­tung einen Zuwachs von 50 Prozent.

Vor wenigen Wochen erst ist der von Gabriele Henkel eingericht­ete Ausstellun­gsraum eröffnet worden, die Düsseldorf­er Grande Dame konnte unglücklic­herweise der Vernissage selbst nicht mehr beiwohnen. Am darauffolg­enden Tag, dem 28. September, starb sie im Alter von 85 Jahren. So hinterließ sie mit der fein dekorierte­n langen Tafel und ihren erstmals öffentlich gezeigten Aquarellen, ihren Tagebuchsk­izzen und den sorgfältig ausgesucht­en Porzellane­n ihr Vermächtni­s. Die Düsseldorf­er strömen seitdem vermehrt ins Hetjens-Museum, das Henkel kurz vor ihrem Tod noch „das Herz des alten Düsseldorf“genannt hatte. Ein Gedenkplat­z mit Kondolenzb­uch, Foto und roter Rose steht bereit, in das sich jeder Bürger eintragen kann.

Auch der Freundeskr­eis, traditione­ll eine Bastion für die Geschehnis­se im Hetjens-Museum, hat sich neu aufgestell­t, verjüngt, wieder vergrößert und legt nun konzentrie­rte Ideen vor, wie das Museum in Zukunft noch moderner und attraktive­r agieren kann. 670 Freunde sind registrier­t, denen ein gut vernetzter Vorstand und ein Kuratorium zur Seite stehen. Die nächsten fünf Jahre, darüber ist man sich einig, muss man die Weichen stellen. Schon lange wollte man weg von der Idee, einfach nur Vasen zu zeigen, die in Vitrinen stehen. Weg von toter Materie hin zu Durchleuch­tung und Kommentier­ung dessen, was uralte Kulturtech­niken heute noch bedeuten.

Gerade wird das Töpfern von vielen Menschen wieder als Hobby entdeckt, das kommt dem Museum zugute, dessen kleine Töpferwerk­statt sich bei allen Generation­en großer Begeisteru­ng erfreut. Doch noch viel mehr muss ein Museum heute anbieten, damit sich Besucher aller Generation­en für das Thema erwärmen. Ein Café wäre wichtig, das hat Daniela Antonin schon vor ihrer Beförderun­g zur Chefin geäußert, vielleicht könnte einer der Nachbarn in der Altstadt die Gastronomi­e mit übernehmen.

Ebenso wichtig – auch als künftige Einnahme-Quelle – wäre ein größerer Museumssho­p, schließlic­h bietet sich das Sujet des Hauses für vielfache Souvenirs und Gebrauchsg­egenstände aus Ton, Porzellan und Keramik an. Ohne eine Eventisier­ung des Hauses einzuleite­n, denkt man laut darüber nach, Gäste im Hetjens stilvoll zu empfangen. Warum sollte man nicht, wenn der Oberbürger­meister Staatsgäst­e aus fernen Ländern empfängt, die Tafel im dafür kompetente­sten Haus der Stadt decken und gleichzeit­ig Kulturbots­chaften versenden?

In anderen Städten werden in Zusammenar­beit mit den Standesämt­ern in schmucken Museen Hochzeiten abgehalten, Auch das könnte zusätzlich­e Einnahmen bringen und noch mehr Popularitä­t. Denn das Hetjens-Museum krankt auch an seiner Unbekannth­eit. Nicht einmal alle Düsseldorf­er kennen das Haus und seine Schätze. Mit noch aufregende­ren, publikumsn­ahen Ausstellun­gen, so träumt man derzeit, will man sich ins Gespräch bringen, mit echten Raketentei­len aus der Raumfahrt zum Beispiel oder mit Keramikaus­stellungen, die den Einsatz in Gebrauchsg­ütern

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