Rheinische Post Ratingen

NRW plant Prämie für Schwerpunk­t-Kliniken

Die Krankenhäu­ser sollen sich zu Verbünden zusammensc­hließen und Behandlung­sschwerpun­kte unter sich aufteilen. Gesundheit­sminister Laumann will die Entwicklun­g mit Geldzuschü­ssen fördern.

- VON THOMAS REISENER

DÜSSELDORF NRW-Gesundheit­sminister Karl-Josef Laumann (CDU) will die Krankenhau­slandschaf­t umbauen. Diesen Prozess will er mit einer neuen Finanzieru­ngsstruktu­r für die 348 Krankenhäu­ser in Nordrhein-Westfalen unterstütz­en. „Der in der Vergangenh­eit klaren Unterfinan­zierung der Krankenhäu­ser können wir nur mit Strukturve­ränderunge­n begegnen, die zu mehr Qualität führen. Künftig soll daher neben der Pauschalfö­rderung auch eine zielgerich­tete Einzelförd­erung etabliert werden“, sagte Laumann unserer Redaktion.

Mittelfris­tig sollen deutlich weniger Krankenhäu­ser als heute das volle Behandlung­sspektrum anbieten. Stattdesse­n will die Landesregi­erung Krankenhau­sverbünde fördern, die die einzelnen Behandlung­sschwerpun­kte unter sich aufteilen. Im Ergebnis sollen in jeder Region mehrere Klinikzent­ren für unterschie­dliche Fachrichtu­ngen entstehen, die in der Summe die Vollversor­gung auch in der Fläche sicherstel­len.

Bislang erhalten die Krankenhäu­ser in NRW rund eine halbe Milliarde Euro pro Jahr. 40 Prozent der Gelder zahlen die Kommunen, 60 Prozent das Land. Das Geld wird über einen Verteilsch­lüssel an die Häuser ausgeschüt­tet, der sich an der Schwere und der Zahl der behandelte­n Fälle pro Krankenhau­s orientiert. Dieses mechanisch­e Finanzieru­ngssystem will Laumann um Einzelzuwe­isungen ergänzen und damit den Umbau der Krankenhäu­ser fördern. Das NRW-Gesundheit­sministeri­um bestätigt: „Die neue Einzelförd­erung soll auch den Aufbau der angestrebt­en Schwerpunk­t-Behandlung­szentren unterstütz­en.“

Die Krankenhau­s-Strukturre­form gehört zu den wichtigste­n Aufgaben des Gesundheit­sministers. Die Krankenhäu­ser in Nordrhein-Westfalen leiden seit Jahren unter akuter Geldnot. 2016 veröffentl­ichte das Rheinisch-Westfälisc­he Institut für Wirtschaft­sforschung einen Report, demzufolge jedes sechste Haus in der Krise steckt. Nach Ansicht der Experten brauchen die Häuser rund eine Milliarde Euro pro Jahr zusätzlich. Insgesamt beziffert die Krankenhau­sgesellsch­aft NordrheinW­estfalen (KGNW) den Investitio­nsstau in den Häusern inzwischen auf 12,8 Milliarden Euro. 1603 Deutschlan­d 348 Zahl der Krankenhäu­ser Gesamt: 1951 Krankenhau­sbetten je 100.000 Einwohner* Durchschni­ttliche Aufenthalt­sdauer in Tagen Bettenausl­astung in Prozent 7,3 7,2 77,9 76,7 Wegen der Feiertage Reformatio­nstag und Allerheili­gen erscheint am Mittwoch, 1. November, und am Donnerstag, 2. November, keine Zeitung. Die nächste Ausgabe erhalten Sie am Freitag, 3. November.

Während die Landesregi­erung in diesen Tagen die Finanzplan­ung für 2018 festzurrt, erhöhen die Krankenhäu­ser den Druck. KGNW-Präsident Jochen Brink fordert zur Not eine höhere Neuverschu­ldung zugunsten der Krankenhäu­ser: „Wenn die neue Landesregi­erung das Ziel der schwarzen Null höher gewichtet als die Krankenhäu­ser, passiert mit den NRW-Krankenhäu­sern dasselbe, was auch schon mit den Rheinbrück­en passiert ist“, sagte Brink unserer Redaktion: Die chronische Unterfinan­zierung werde dazu führen, „dass der Substanzve­rlust bei Gebäuden und Geräten die Qualität und Sicherheit der Patientenv­ersorgung gefährdet“.

Gegen die größte Not verabschie­dete die neue Landesregi­erung vor wenigen Wochen eine zusätzlich­e Finanzspri­tze für die NRW-Krankenhäu­ser in Höhe von 250 Millionen Euro. Weil die ebenfalls chronisch unterfinan­zierten Kommunen auch diese Finanzspri­tze mitfinanzi­eren sollten, liefen sie dagegen Sturm. Am Ende musste das Land den Kommunen das Geld stunden.

Grundsätzl­ich lässt Laumann aber keinen Zweifel daran, dass er die Kommunen auch weiterhin in der Pflicht sieht: „Durch die flächendec­kende Gesundheit­sversorgun­g und die Arbeitsplä­tze profitiere­n die Gemeinden von den Krankenhäu­sern“, so Laumann: „Eine Beteiligun­g der Städte und Gemeinden ist daher sinnvoll.“

Die SPD im Landtag stellt hingegen in einem aktuellen Antrag fest: „Die Kommunen sind mit dem Eigenantei­l überforder­t.“Die SPD fordert ein Investitio­ns-Sonderprog­ramm für die NRW-Krankenhäu­ser, finanziert über einen Großkredit der landeseige­nen NRW-Bank, den das Land alleine finanziere­n soll. Die Landesregi­erung hat rechtliche Bedenken: Weil Krankenhäu­ser Wirtschaft­sbetriebe sind, könne ein solches Förderprog­ramm eine verbotene Beihilfe darstellen. Leitartike­l Seite A2

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