Früher war mehr Zukunft
Die Angst vor dem Terror ist hierzulande statistisch betrachtet übergroß, aber sie wird wohl weiter wachsen, der Scheitelpunkt der Angst-Welle ist noch lange nicht erreicht. Mit Macht bricht die echte Welt herein über unsere Insel der Seligen. In Form des Terrors einerseits, dazu aber kommt neuerdings noch etwas anderes. Beim bangen Blick nach Syrien und Nordkorea schleicht sich etwas ein, das uns völlig fremd geworden ist: die Kriegsangst.
Nach Jahrzehnten des Fortschritts stellen sich wieder ganz grundsätzliche Fragen: danach, was Wahrheit ist und was Propaganda, Verschwörungstheorie, Lüge – sowie eben nach Krieg und Frieden. Populisten profitieren davon, sie geben auf komplexe Fragen Antworten, die meist falsch, aber so verlockend einfach sind.
US-Präsident Barack Obama hatte in seinem Wahlkampf 2009 auf „Hope” (Hoffnung) gesetzt, Angela Merkels Botschaft zur Flüchtlingskrise war „Wir schaffen das”. Viele hielten das für Naivität, viele aber für inspirierenden Optimismus. Donald Trump sprach 2016 in seiner ersten Pressekonferenz wie nebenbei von einem „nuklearen Holocaust”. Zu Weihnachten erläuterte er auch, wie er diesen zu verhindern gedenke: Bis die Welt zur Besinnung komme, müssten die USA ihr eigenes Atomwaffenarsenal „deutlich stärken und ausbauen”, sagte der US-Präsident.
Es werden wieder Sündenböcke gesucht und gefunden. Längst gewonnen geglaubte Kämpfe gehen in die nächste Runde – um Gewaltenteilung, Pressefreiheit, Demokratie. Freund-FeindDenken und Fundamentalismus sind wieder en vogue. Aktuell googlen so viele Menschen „Dritter Weltkrieg“wie zuletzt bei den Terroranschlägen von Paris Ende 2015. Es ist, als wären die 60er Jahre wieder da. Auf die damalige Endzeitstimmung fanden Filmemacher zwei Antworten: 1964 schuf Stanley Kubrick die schwarzhumorige und groteske Atomkriegs-Satire „Dr. Seltsam oder Wie ich lernte, die Bombe zu lieben”. Das utopische Gegenstück hieß ab 1966 „Star Trek”, oder in Deutschland: „Raumschiff Enterprise“. Die Frage, in welche dieser Richtungen wir steuern, schien längst beantwortet.
Der pazifistische „Star Trek”-Schöpfer Gene Roddenberry dürfte spätestens da im Grabe rotiert haben. Zuvor war schon sein eigenes Erbe verwässert worden. Die Kino-Trilogie, mit der „Star Trek” zwischen 2009 und 2016 neu aufgelegt worden war, ist ein buntes Action-Spektakel. Vom humanistischen Kern der Idee fanden sich nur noch Spurenelemente. Die erste „Star Trek”-Serie um Captain Kirk und Mister Spock wäre vor einem halben Jahrhundert beinahe eine Totgeburt gewesen, weil zu wenig geschossen wurde und zu viel geredet. Auch die meisten Zuschauer waren von der Philosophiererei im All überrascht und überfordert. Die Quoten waren schlecht – aber sie wurden mit jeder Wiederholung besser. Die Nachfrage führte über die Jahrzehnte zu einem größeren Angebot: ein halbes Dutzend verschiedener „Star Trek”-Serien, dazu Kinofilme, Bücher, Comics. So wuchsen Generationen heran mit Bildern einer Zukunft, die eben nicht Krieg verheißt wie bei „Dr. Seltsam” oder auch „Star Wars“, sondern Frieden, Forschung, Fortschritt.
Und in diese Richtung hat sich die Menschheit tatsächlich entwickelt, im Geiste von Kooperation (UN, EU, Wikipedia) und friedlichem Austausch (Welthandel, Internet) ging es in Richtung Gleichstellung, Abrüstung und Umweltfreundlichkeit. Die Aufklärung stand kurz vor dem Sieg.
Heute aber zeigen unsere Errungenschaften viel mehr als bloß Kratzer im Lack. In den sozialen Medien hat sich der Affekt als absoluter Herrscher etabliert. In aller Welt beginnen sich Menschen zu fürchten, dass es zumindest
„Star Trek“bot Generationen eine Zukunft, in der Frieden, Forschung und Fortschritt herrschten