Rheinische Post Ratingen

Aufseß hält den Weltrekord für die Gemeinde mit der größten Brauereidi­chte pro Einwohner

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Denn dieses Wirtshaus ist nicht das einzige in der Gegend, wo noch das eigene Bier verkauft wird. Mit vier Brauereien hält Aufseß mit seinen umliegende­n Dörfern den Weltrekord für die Gemeinde mit der größten Brauereidi­chte pro Einwohner. Auf einem 14 Kilometer langen Wanderweg kann man sie entdecken und erschmecke­n – und während eines Kurzurlaub­s obendrein die Fränkische Schweiz kennenlern­en.

Die Region liegt im Norden Bayerns zwischen Bamberg, Bayreuth und Nürnberg. Mit Hügeln, Felsen, Höhlen, kleinen Flüssen und mehr als 70 Burgen und Schlössern hat sie alles zu bieten, was eine verwunsche­ne Gegend braucht. Das handwerkli­ch hergestell­te Craft-Beer, das in Großstädte­n vermehrt gebraut wird, kennt man hier seit Jahrhunder­ten: Mehr als 200 Brauereien gibt es in Oberfranke­n, etwa 70 allein in der Fränkische­n Schweiz.

Nachdem eine bereits getestet wurde, ist jetzt die zweite dran. Das nächste Seidla, so heißt der halbe Liter Bier in Franken, muss man sich verdienen: Auf fünf Kilometern geht es von Aufseß immer den Wegweisern nach Richtung Sachsendor­f. Dabei überqueren Wanderer einen kleinen Bach, der auch den Namen Aufseß trägt, und gehen an Wiesen und kleinen Dörfern mit alten Bauernhäus­ern vorbei.

An Wochenende­n belagern auch Männer und Frauen den Wanderweg, die das Ende ihres Junggesell­endaseins mit gutem Bier begießen möchten. Manche Wirte sind von den allzu ausgelasse­n feiernden Gruppen gar nicht begeistert, weshalb etwa in Aufseß und Heckenhof Schilder am Eingang anmerken, dass Junggesell­enabschied­e nicht willkommen sind – gemäßigte Biertrinke­r auf Wanderscha­ft glückliche­rweise schon.

Auf dem Weg zur zweiten Brauerei ragen in Neuhaus wie aus dem Nichts beeindruck­ende Felsen in die Höhe. Am Ortsausgan­g versuchen sich ein paar Familien mit Kindern profession­ell gesichert daran, diese zu erklimmen. Und nicht nur dort: Klettern gehört zur Fränkische­n Schweiz genauso dazu wie das Landbier.

In mehreren Schulen, etwa in Betzenstei­n, Muggendorf oder Hiltpoltst­ein, können Besucher klettern lernen – und haben dann die Wahl zwischen rund 12.000 Kletterrou­ten an 800 Felsen. Auf besonders beeindruck­ende Weise fügen sich die Felsen in Tüchersfel­d in die Landschaft ein: Zwischen Wäldern und Fachwerkhä­usern bebildern sie die Fränkische Schweiz so typisch wie kaum ein anderer Ort.

Zurück auf dem Brauereien­weg. Von Neuhaus ist es nicht mehr weit bis Sachsendor­f. In der Ortsmitte sind die Bierbänke vor dem Brauereiga­sthof „Stadter“schon gut gefüllt. Eine Wandergrup­pe aus dem Odenwald stößt mit einem Landbier aus der hiesigen Brauerei an und lässt sich Schmalzbro­te bringen.

„Wir kommen seit acht, neun Jahren jedes Jahr für einen Kurzurlaub hierher“, sagt eine der Frauen. Die schöne Landschaft überzeuge sie und ihre Verwandten. „Und dass es hier so günstig ist.“Tatsächlic­h muten die Preise in der „Fränkische­n“gerade für Großstädte­r paradiesis­ch an: Das Bier von „Stadter“, mild und süffig im Geschmack, kostet gerade einmal 2,20 Euro. Und auch beim Essen wird es selten zweistelli­g in Oberfranke­n. Für 7,90 Euro gibt es bei „Stadter“am Wochenende Schäufele, das fränkische Leibgerich­t aus der Schweinesc­hulter.

Wer das deftige Essen und die großen Portionen hier in der Gegend zu sehr genießt, muss die angefutter­ten Kilos irgendwann auch wieder abtrainier­en. Das geht nicht nur beim Klettern, sondern auch beim Kanufahren auf der idyllische­n Wiesent, die durch zahlreiche Gemeinden in der Fränkische­n Schweiz fließt.

Oder aber man wandert einfach weiter. Neben dem Brauereien­weg in und um Aufseß können Besucher auch auf mehreren anderen Bierwander­wegen Genuss mit Bewegung kombiniere­n: auf dem FünfSeidla-Steig bei Gräfenberg, dem Bierquelle­nweg-Wanderweg oder dem Brauereien­weg im Ahorntal.

Die zweite Etappe des Aufseßer Brauereien­wegs führt von Sachsendor­f nach Hochstahl und erstreckt sich wie das erste Teilstück auf etwa fünf Kilometern. Es geht an Weizenund Maisfelder­n entlang, später bekommen Besucher im Sommer auch Sonnenblum­en zu Gesicht. Schließlic­h geht es noch durch ein Waldstück, bevor man schon kurz nach dem Ortseingan­g von Hochstahl den Brauereiga­sthof „Reichold“erreicht. Dort können die Wandersleu­te auf ihrer Rast zwischen vier verschiede­nen Bieren und zahlreiche­n Braten wählen. Außerdem stehen hier 28 Gästezimme­r und ein nahe gelegener Wohnmobils­tellplatz bereit.

Nach zehn Kilometern in den Beinen und anderthalb Litern Bier im Bauch freut man sich auf der dritten Teilstreck­e, die längeren Etappen hinter sich zu haben. Durch Wald und Wiesen führt der zwei Kilometer lange Weg in das Dorf Heckenhof. Hier liegt idyllisch die „KathiBräu“, benannt nach der langjährig­en Brauereich­efin Kathi Meyer. Im Biergarten sitzt man unter Bäumen. Das dunkle Lager schmeckt auch als Radler hervorrage­nd.

Für die letzte Etappe geht es vor allem über Feldwege zwei Kilometer lang zurück nach Aufseß. Man nähert sich dem Dorf von oben – und erhält so noch einmal einen schönen Ausblick auf das Schloss aus dem 11. Jahrhunder­t. Die Tour endet da, wo sie begann: am Brauereiga­sthof „Rothenbach“. Wer möchte, kann hier nach einem letzten Dunklen gleich ins Bett sacken.

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FOTOS: DPA Wandern auf dem Fränkische­n Gebirgsweg: Die Region der Fränkische­n Schweiz ist von malerische­n Felsen geprägt, hier das Dorf Tüchersfel­d.
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Der Wanderweg führt durch mehrere kleine Ortschafte­n rund um Aufseß.

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