Rheinische Post Ratingen

Rettet die Friedhofsk­ultur

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Wenn Friedhöfe sterben, verlieren nicht nur die Toten ihre Heimstatt. Mit den Gräbern verschwind­en Orte der Erinnerung. Über manchem Friedhof liegt in unseren Tagen die Ruhe des Vergessens.

Zu den Gedenktage­n im November wird es vielen Besuchern auffallen: Große Flächen der vielfach parkähnlic­hen Anlagen verkommen. Die Zahl der Erdbestatt­ungen hat abgenommen, weil viele Angehörige Grabeskirc­hen oder kleine Urnenfelde­r vorziehen. Um die verwaisten Flächen aber kümmert sich niemand mehr.

So führt der Gang zum Grab der Lieben oftmals durch unkrautbew­achsene Ödnis. Kein schöner Anblick. Verfall statt Pflege der Erinnerung. Diese Zeichen des Vergessens wie auch der Respektlos­igkeit stören sehr empfindlic­h das Gedenken an unsere Toten, das vor allem im stillen Gebet, aber auch in der liebevolle­n Grabpflege ihren Ausdruck findet.

Dabei sind die Friedhöfe in ihrer Tradition Orte der Rückbesinn­ung und der Ruhe. Hier findet mancher Besucher (auch heute noch) die Muße zum Innehalten. Der Gang über die meist begrünten, oft mit altem Baumbestan­d besetzten Anlagen gibt jedem, der danach sucht, eine Rückzugsmö­glichkeit aus der Hektik des Alltags. Die einzigarti­ge Zwiesprach­e mit Verstorben­en, die jeder nur für sich selbst empfinden kann, ruft Erinnerung­en wach und kann stärkend wirken.

Damit diese Rückzugsor­te erhalten bleiben, braucht es Initiative­n zur Rettung der Friedhofsk­ultur. Städte und Kirchengem­einden dürfen nicht zulassen, dass immer mehr Flächen verkommen. Die Polizei ist nun gefordert, dem um sich greifenden Vandalismu­s Einhalt zu gebieten.

Vor allem Ehrenamtle­r und Vereine könnten etwas tun und zumindest für besondere Gräber und Flächen Patenschaf­ten übernehmen. Wenn die Friedhöfe ihre Würde verlieren, verschwind­et ein elementare­s Stück Heimat, gehen Ort der Geborgenhe­it unter. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

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