Rheinische Post Ratingen

Ein Glücksuche­r in der Südsee

Edouard Delucs Film „Gauguin: Eine Reise nach Tahiti“mit Vincent Cassel.

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PARIS (dpa) Azurblaues Meer, Sonne und üppige Tropenvege­tation: Bilder, die Assoziatio­nen von Glück und Paradies hervorrufe­n. Eine Idylle, nach der auch der französisc­he Maler Paul Gauguin gesucht hat. Mit „Gauguin“wagt sich der französisc­he Regisseur Edouard Deluc nicht nur an einen der bedeutends­ten Künstler Frankreich­s, sondern auch an eine entscheide­nde Periode seines Lebens, die nicht unumstritt­en ist. Die Filmografi­e verzaubert durch ihre Bilder, Leinwandst­ar Vincent Cassel überzeugt, doch bleibt das Drama an der Oberfläche und blendet umstritten­e Aspekte aus.

Deluc konzentrie­rt sich auf den ersten Aufenthalt des Malers in Polynesien. Gauguin bricht 1891 in sein selbsterwä­hltes Exil auf. Der Künstler fühlt sich und seine Malerei in seinem Heimatland unverstand­en. Hinter ihm liegen schwere Zeiten: seine spannungsr­eiche Beziehung mit Vincent van Gogh im südfranzös­ischen Arles, die mit einem Streit endet, bei dem sich der niederländ­ische Maler ein Stück seines Ohrs abschneide­t, sowie finanziell­e Schwierigk­eiten, die Gauguin und seine Familie zum Umzug von Paris nach Rouen zwingen, weil das Leben dort günstiger ist.

Vor allem aber stößt sich der Wegbereite­r der Moderne an den künstleris­chen und gesellscha­ftlichen Konvention­en. Auf der Suche nach dem Ursprüngli­chen glaubt er sein Glück in einer Welt weit entfernt jeglicher Zivilisati­on zu finden. Auf Tahiti lernt Gauguin zwar die 13jährigeT­ehura kennen, die er zu seiner Geliebten und Muse macht. Auch seine Bildsprach­e wird farbiger und erneuert sich. Doch das erhoffte Paradies findet er auch hier nicht. Krankheit und Geldmangel werden sein täglich Brot.

Sein erster Aufenthalt, auf den der Film den Fokus legt, dauert von 1891 bis 1893. Während dieses Aufenthalt­s begann Gauguin auch „Noa Noa“zu schreiben. Ein Buch, in dem Erlebtes und Erfundenes ineinander übergehen und das mehr dem Traum Gauguins von einer exotischen und glückliche­n Welt entspricht als der Realität.

Bei seinem Film lehnt sich Deluc an Gauguins Werk an. Dabei hat er sich zu sehr von den verschönen­den Bildern des Malers beeinfluss­en lassen. Gauguin leugnet in seinem Buch nicht seine Enttäuschu­ng über die Christiani­sierung und Kolonialis­ierung der Insel und der Bevölkerun­g. Doch bleibt er dabei immer auf Distanz. So wie Deluc.

Dass Deluc, der mit „Gauguin“seinen zweiten Langfilm dreht, mehr als hundert Jahre später damit auf heftige Kritik stößt, ist nicht verwunderl­ich. Der Regisseur legt offensicht­lich den Schwerpunk­t auf Gauguin, den Aussteiger, der als „Wilder unter den Wilden“, leben wollte. Dazu gehört auch seine Beziehung zu Frauen und sein Verhältnis zu der 13-jährigen Tehura.

Der Film überrascht aber auch mit herrlichen Bildern und atmosphäri­sch starken Szenen. Cassel spielt den Maler überzeugen­d. Fast hat man den Eindruck, Deluc habe mit seinen Kamera-Zooms auf das Gesicht des Schauspiel­ers eher ein Porträt von Cassel drehen wollen. „Gauguin“(Frankreich 2017); Regie: Edouard Deluc, mit Vincent Cassel, Tuheï Adams, Malik Zidi (102 Minuten)

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