Rheinische Post Ratingen

Warenhausf­usion gefährdet Jobs

Karstadt-Eigentümer René Benko will den Rivalen Kaufhof für drei Milliarden übernehmen. Das kann bis zu 10.000 Stellen kosten und die Schließung vieler Häuser zur Folge haben, warnen Experten.

- VON ANTJE HÖNING

DÜSSELDORF Die deutsche Warenhausl­andschaft steht vor dem Umbruch. Der österreich­ische Karstadt-Eigentümer René Benko will nun auch den Rivalen Kaufhof schlucken. „Wir haben ein Angebot für Kaufhof eingereich­t“, sagte ein Sprecher von Benkos Signa-Gruppe. Laut Insidern bietet Signa dem kanadische­n Unternehme­n Hudson’s Bay Company (HBC) drei Milliarden Euro für Kaufhof. HBC hatte die Warenhausk­ette erst 2015 von der Düsseldorf­er Metro übernommen.

Die Belegschaf­t ist alarmiert. Die Gewerkscha­ft Verdi sorgt sich seit Langem, dass eine Fusion der verblieben­en Kaufhauske­tten zu einem massivem Stellenabb­au führt. „Ich rechne damit, dass die Fusion bis zu 10.000 der rund 40.000 Arbeitsplä­tze kosten wird“, sagte Gerrit Heinemann, Handelsexp­erte der Hochschule Niederrhei­n, unserer Redaktion. Bei einer Fusion würden zum einen Verwaltung­sfunktione­n zen- tralisiert. „An Standorten, an denen es derzeit Karstadt und Kaufhof gibt, dürfte jeweils ein Haus geschlosse­n werden. Entspreche­nd scharf wird auch im operativen Bereich der Stellenabb­au ausfallen.“In Düsseldorf, Köln, Bonn und Duisburg etwa gibt es Häuser von Karstadt und Kaufhof, meist liegen sie dicht beieinande­r und haben ein ähnliches Sortiment.

Der Experte erwartet, dass von den rund 200 Warenhäuse­rn in Deutschlan­d nur 80 bis 100 bleiben: „Aus der Fläche wird das Warenhaus verschwind­en.“Zum Vergleich: In der Blütezeit hatte die Branche inklusive Hertie und Horten deutlich über 500 Häuser. Zur Frage, wo die neue Zentrale liegen könnte, sagte Heinemann: „In Köln gibt es mehr Tradition, in Essen mehr Flexibilit­ät. Das spricht eher für Köln als Sitz einer neuen Warenhaus AG.“

Der nordrhein-westfälisc­he Wirtschaft­sminister Andreas Pinkwart (FDP) mahnte die Beteiligte­n, den Beschäftig­ten eine Perspektiv­e zu geben. „Da sowohl Karstadt als auch Galeria Kaufhof in Nordrhein-Westfalen beheimatet sind und hier viele Kaufhäuser mit Tausenden von Mitarbeite­rn betreiben, beobachte ich die Entwicklun­g mit größtem Interesse“, sagte er auf Anfrage. „Ich wünsche mir Lösungen, die eine zukunftsfä­hige Struktur befördern und eine verlässlic­he Perspektiv­e für die Beschäftig­ten bieten.“

Der Kaufhof-Eigentümer HBC reagierte reserviert auf die Offerte. Das Management werde Signas Angebot nun pflichtgem­äß in angemessen­er Zeit prüfen, es sei aber unvollstän­dig und unverbindl­ich. HBC-Chef Richard Baker hatte erst vor Kurzem bekräftigt: „Selbstvers­tändlich stehen wir auch weiterhin zu unserem Engagement und unserer Wachstumss­trategie in Europa.“

Heinemann hält das aber für Kalkül: „Der Widerstand von HBC ist nur taktisch. Die Kanadier haben sich mit dem Kaufhof verspekuli­ert. Wenn sie jetzt nicht die Chance zum Ausstieg nutzen, wäre das unverständ­lich.“Der Kaufhof kämpft mit Umsatzrück­gängen und Verlusten und forderte jüngst einen neuen Tarifvertr­ag und Gehaltsver­zicht von den Mitarbeite­rn. Benko hatte bereits 2015 einen Anlauf unternomme­n, Kaufhof zu übernehmen. Leitartike­l Seite A2 Wirtschaft Seite B 3

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