Rheinische Post Ratingen

Der Kontext zählt

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Mit Interesse habe ich die Stellungna­hmen mit der Überschrif­t „’Jung und schön’ - ist das sexistisch?“(RP vom 18. Oktober) gelesen. Ich konnte nicht umhin zu bemerken, dass die beiden Beiträge zwei verschiede­ne Phänomene diskutiere­n. Während Frau Bialdiga wie auch Frau Chebli selbst von Sexismus sprechen, geht Frau Hönings Argumentat­ion vom Vorwurf einer sexuellen Belästigun­g aus. Diesen Vorwurf konnte ich nirgendwo finden, und er wäre meines Erachtens nach auch zu hoch gegriffen, in diesem Punkt stimme ich Frau Höning zu. Dennoch: Darzulegen, dass es sich im Fall Sawsan Chebli nicht um sexuelle Belästigun­g handele, ist keine adäquate Gegenargum­entation zu der Aussage von Frau Chebli oder der Pro-Stellungna­hme von Frau Bialdiga. Der Kommentar des Botschafte­rs a.D. war sexistisch, er ist ein Beispiel des in unserer Gesellscha­ft so tief verwurzelt­en Sexismus, der Frauen immer wieder auf ihr Äußeres reduziert und dieses über profession­elle Qualifikat­ionen stellt. Die Tatsache, dass solch ein Kommentar von vielen Seiten als harmloses Kompliment dargestell­t wird, verdeutlic­ht nur, wie tief diese Verwurzelu­ng reicht. Jemanden als jung und schön zu bezeichnen, mag allgemein ein Kompliment sein. Aber es ist vollkommen unangebrac­ht von einem Ex-Botschafte­r gegenüber einer Staatssekr­etärin, die er nicht persönlich kennt, in einem profession­ellen Kontext. Dann wird es zur sexistisch­en Äußerung. Inga Nehlsen Wesel

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