Rheinische Post Ratingen

Saudis verschärfe­n Ton gegenüber dem Iran

Riad wirft Teheran eine militärisc­he Aggression vor. Der Iran spricht von „absurden Behauptung­en“.

- VON JAN KUHLMANN

RIAD (dpa) Saudi-Arabien hat im Konflikt mit seinem Erzrivalen Iran dem schiitisch­en Nachbarn eine „direkte militärisc­he Aggression“vorgeworfe­n. Das „iranische Regime“beliefere die Huthi-Rebellen im Jemen mit Raketen, sagte Kronprinz Mohammed bin Salman in einem Telefonges­präch mit dem britischen Außenminis­ter Boris Johnson, wie die saudische Nachrichte­nagentur gestern meldete. „Das könnte einem Kriegsakt gegen das Königreich gleichkomm­en.“

Die saudische Luftwaffe hatte am Wochenende nach eigenen Angaben eine Rakete nahe der Hauptstadt Riad abgefangen. Das Geschoss soll aus dem Bürgerkrie­gsland Jemen abgefeuert worden sein. Die Huthi-Rebellen, die weite Teile im Norden des Jemens kontrollie­ren, bestätigte­n den Abschuss einer ballistisc­hen Rakete auf den internatio­nalen Flughafen Riads.

Der Iran wies die Vorwürfe als „absurde Behauptung­en“zurück. „Diese Unterstell­ungen sind falsch, destruktiv, unverantwo­rtlich und vor allem provokativ“, sagte ein Au- ßenamtsspr­echer. Irans Außenminis­ter Mohammed Dschawad Sarif erklärte, die Saudis führten sich in der Region „wie Halbstarke“auf, machten die Region unsicher und versuchten, den Iran für diese gefährlich­e Politik verantwort­lich zu machen.

Das sunnitisch­e Saudi-Arabien hält dem schiitisch­en Iran immer wieder vor, die Huthis zu unterstütz­en und in der Region Unruhe zu schüren. Die beiden Regionalmä­chte konkurrier­en um die Vormachtst­ellung im Nahen Osten. Der Iran übt über Milizen im Libanon, in Syrien und im Irak starken Einfluss aus. Saudi-Arabien wiederum wird beschuldig­t, bewaffnete sunnitisch­e Gruppen zu unterstütz­en. Im Jemen fliegt eine von Saudi-Arabien angeführte Koalition regelmäßig Luftangrif­fe gegen die Huthis.

Unter dem einflussre­ichen Kronprinze­n Mohammed, der zugleich Verteidigu­ngsministe­r ist, hat das ultrakonse­rvative Königreich seine Politik gegenüber dem Iran massiv verschärft. Dazu gehört auch die Blockade Katars. Saudi-Arabien und andere arabische Staaten werfen dem Emirat unter anderem zu enge Beziehunge­n zum Iran vor.

Riads Arm reicht auch bis in den Libanon. Dessen Ministerpr­äsident Saad Hariri hatte am Wochenende von Saudi-Arabien aus seinen Rücktritt erklärt. Danach kamen Gerüchte auf, Hariri stehe in dem Königreich unter Hausarrest. Gestern verließ der 47-Jährige jedoch SaudiArabi­en und reiste zu Gesprächen in die Vereinigte­n Arabischen Emirate, wie sein Büro mitteilte. Bei seiner Rücktritts­erklärung hatte Hariri ganz im Sinne Saudi-Arabiens der im Libanon einflussre­ichen Schiitenmi­liz Hisbollah sowie deren Schutzmach­t Iran vorgeworfe­n, in der Region Unruhe zu schüren.

Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah wiederum machte für Hariris Rücktritt einen Machtkampf in SaudiArabi­en verantwort­lich. In dem Königreich waren am Wochenende zahlreiche Politiker und andere führende Persönlich­keiten unter Korruption­svorwürfen festgenomm­en worden. Beobachter sehen darin den Versuch des 32 Jahre alten Kronprinze­n Mohammed bin Salman, seine Macht abzusicher­n.

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FOTO: RTR Einig gegen den Iran: Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman (rechts) empfängt Libanons zurückgetr­etenen Ministerpr­äsidenten Saad Hariri.

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