Rheinische Post Ratingen

Eon verliert 200.000 Stromkunde­n

Der Konzern macht wieder Gewinne, aber der Vertrieb schwächelt – vor allem in Großbritan­nien. Der Konkurrent Innogy gibt sein Geschäft auf der Insel nach jahrelange­m Ärger nun ab.

- VON ANTJE HÖNING

ESSEN Der Energiekon­zern Eon lässt nach den Milliarden-Verlusten die Krise hinter sich. In den ersten neun Monaten 2017 sammelte er einen Gewinn (vor Zinsen und Steuern) von 3,9 Milliarden Euro an. „Wir kommen bei der Neuausrich­tung gut voran“, sagte Finanzvors­tand Marc Spieker. Die Aktie legte um fast zwei Prozent auf 10,70 Euro zu.

Allerdings lebt Eon vor allem vom staatlich regulierte­n Geschäft mit Stromnetze­n, das allein 1,4 Milliarden Euro Gewinn ablieferte. In wettbewerb­sintensive­n Bereichen läuft es dagegen nicht rund: Der Vertrieb steuerte nur 350 Millionen zum Gewinn bei, das ist ein Rückgang zum Vorjahr um 36 Prozent. Eon hat allein in Deutschlan­d 200.000 Stromkunde­n verloren und versorgt nur noch 5,9 Millionen Kunden.

In Großbritan­nien verlor Eon weitere 200.000 Kunden und machte sogar einen operativen Verlust. Der Markt ist hart umkämpft, gleich sechs große Anbieter (darunter Eon und Innogy) tummeln sich dort und viele kleine, die die Verbrauche­r mit niedrigen Preisen locken. Auch die Regulierun­gsbehörden greifen gerne durch, um den Wettbwerb zu stärken. Und der wird härter: Premiermin­isterin Theresa May hat angekündig­t, dass sie den Strompreis deckeln will, was die Margen weiter unter Druck setzt.

Innogy zieht nun die Notbremse. Die RWE-Tochter bringt ihre britische Firma Npower in ein Gemeinscha­ftsunterne­hmen mit dem britischen Versorger SSE ein. Npower hat in den vergangene­n fünf Jahren fast zwei Millionen Kunden verloren – durch Beteiligun­gs-Verkäufe, aber auch durch Kündigunge­n. Nun hat Npower noch 4,7 Millionen Kunden. Es gab massive IT- und Abrechnung­sprobleme, die Verbrauche­r verschreck­ten. Die Verluste häuften sich. Jetzt sollen es andere Eigentümer lösen.

Ob und wie viel Innogy auf die britische Tochter abschreibe­n muss, ist noch offen. Npower steht bei Innogy mit 2,1 Milliarden Euro in den Büchern, zuzüglich Goodwill-Bewertunge­n von 1,8 Milliarden. Das neue, fusioniert­e Unternehme­n wird 11,5 Millionen Kunden und 15.000 Mitarbeite­r haben, es soll bis 2019 an den Start gehen. Innogy soll daran zunächst 34,4 Prozent halten, SSE 65,6 Prozent. Für Innogy wäre es nur noch eine Finanzbete­iligung, von der man sich nach einem halben Jahr ganz trennen kann. Die Entscheidu­ng sei keine Reaktion auf den Brexit, betonte Innogy-Chef Peter Terium. Man werde etwa mit Windparks weiter auf der Insel aktiv bleiben. Allerdings ist noch offen, ob die Kartellbeh­örden der Fusion zustimmen. Sollte der Deal platzen, müsste Innogy eine Ausfallgeb­ühr von 60 Millionen Euro zahlen.

Eon schloss den Verkauf seines britischen Geschäfts dagegen aus. Man sei alleine gut aufgestell­t, sagte Finanzchef Spieker. Konzernwei­t soll ohnehin der bereits angekün- digte Stellenabb­au helfen, Kosten zu senken. Eon will weltweit 1300 Arbeitsplä­tze abbauen, davon seien 600 bis 700 bereits identifizi­ert, so Spieker. Weitere 350 Stellen könnten durch Outsourcin­g etwa der Informatio­nstechnik wegfallen.

Erholt hat sich die schwache Bilanz des Essener Konzerns, auch wegen der Rückzahlun­g der Atomsteuer. Eons Verschuldu­ng sank von 26 auf 19 Milliarden Euro. Eon will nun die Ausschüttu­ngsquote erhöhen und im März eine neue Wachstumss­trategie vorlegen. Bis dahin will der Konzern auch seine UniperBete­iligung für 3,8 Milliarden Euro an Fortum verkaufen, auch wenn sich der Düsseldorf­er Versorger anhaltend wehrt. Spieker sitzt dabei zwischen den Stühlen: Er ist Eon-Finanzchef und Uniper-Aufsichtsr­at. „Ich nehme meine Rechte und Pflichten sehr ernst“, sagte er. Es werde sich zeigen, wie er votiere, wenn der Uniper-Aufsichtsr­at binnen der nächsten zwei Wochen über das Fortum-Angebot abstimme.

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FOTO: DPA Eon-Zentrale in Essen

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