Rheinische Post Ratingen

Echte Kirchensch­ätze

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Wer die schöne Ausstellun­g „Kirchensch­ätze“im Museum der Stadt Ratingen besichtigt, findet dort auch das alte Abendmahls­silber der evangelisc­hen Stadtkirch­e. Es besteht aus zwei Kelchen und einem Krug für den Wein, einem Teller und einem Gefäß zur Aufbewahru­ng des Brotes. Sie sind sehr alt und seit dem 17. Jahrhunder­t in gottesdien­stlichem Gebrauch.

Die beiden Kelche sind auch ein Hinweis auf die Geschichte der Gemeinde: Sie waren ursprüngli­ch in zwei evangelisc­hen Gotteshäus­ern in Gebrauch. Der kleine und ältere Kelch wurde ursprüngli­ch in der alten lutherisch­en Kirche benutzt. Man erkennt das Gebäude noch heute in der Martin-Luther-Gasse. Der große Kelch wurde der reformiert­en Gemeinde in der Stadtkirch­e von einem Kapitän der niederländ­ischen ostindisch­en Handelskom­panie gestiftet. Zusammen kamen beide Kelche am 31. Oktober 1817: An diesem Tag, dem Reformatio­nstag, schlossen sich viele reformiert­e und lutherisch­e Gemeinden in Preußen zusammen. Vor genau 200 Jahren zog die lutherisch­e Gemeinde mit ihrem Abendmahls­gerät in die reformiert­e Stadtkirch­e ein. Gottesdien­ste und Abendmahl feierten beide nun als unierte, vereinigte Gemeinde gemeinsam – zusammen mit dem kleinen lutherisch­en und dem großen reformiert­en Kelch. Ein altes Foto, das auch in der Ausstellun­g präsentier­t wird, zeigt den Altar der Stadtkirch­e im Jahr 1892: 75 Jahre nach der Kirchenuni­on stehen dort wieder die beiden Kelche. So ist es bis heute. Wer in der Stadtkirch­e zum Abendmahl geht, feiert nicht nur einen 2000 Jahre alten Ritus, der Christen zeichenhaf­t Gottes Gegenwart erfahren lässt. Mit den alten Abendmahls­kelchen sind auch 400 Jahren Gemeindege­schichte verbunden – und damit Hoffnung und Zuversicht von Menschen, die Wein aus diesen Kelchen getrunken haben. Wer ein Gespür dafür hat, merkt: Wir leben nicht allein, wir glauben nicht allein. Unser Leben und unser Glauben haben eine Geschichte, die lange vor uns begonnen hat.

Gert Ulrich Brinkmann, Pfarrer an der Evangelisc­hen Stadtkirch­e

„Unser Glauben hat eine Geschichte, die lange vor uns begonnen hat“

Gert Ulrich Brinkmann

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