Rheinische Post Ratingen

Das rheinische Konjunktur-Wunder

Nie zuvor brummte die rheinische Wirtschaft so wie heute. Der Boom hält seit Jahren an und erfasst nahezu alle Branchen. Doch immer stärker gehen den Unternehme­n geeignete Mitarbeite­r aus.

- VON THORSTEN BREITKOPF

Wirtschaft­sstudenten lernen im Grundstudi­um ganz zu Beginn, dass sich die Konjunktur in strengen Zyklen verhält. Es beginnt mit dem Aufschwung, gipfelt im Boom, darauf folgt die Flaute und anschließe­nd es geht wieder aufwärts. So sieht es die ökonomisch­e Theorie. Doch die Gesetze der Volkswirts­chaft scheinen seit einigen Jahren ausgehebel­t zu sein. Denn seit der verheerend­en Krise 2008/2009 kennen die Konjunktur­barometer nur noch eine Richtung: aufwärts.

Und der Trend hält an. Gestern präsentier­ten die Industrie- und Handelskam­mern des Rheinlands in Düsseldorf ihre aktuelle Konjunktur­umfrage. 47 Prozent der befragten Unternehme­n im Rheinland bezeichnen ihre Lage als gut, weitere 44 Prozent als zufriedens­tellend. Nur neun Prozent verzeichne­n eine schlechter­e Geschäftsl­age als vor einem Jahr. Das ist Rekord. Nie zuvor seit dem Start des IHK-Konjunktur­klimaindex­es im Jahr 2003 erreichte der Wert eine Kennziffer von knapp 140. Eine neutrale Lagebeurte­ilung würde einen Wert von 100 Punkten ergeben. Doch seit 2010 wurde diese Marke nicht mehr unterschri­tten.

Überrasche­nd für eine solche Boom-Phase: Nach drei Jahren einer Seitwärtsb­ewegung sind nun erstmals und auf sehr hohem Ni- Baustellen etwa in der Düsseldorf­er Innenstadt, die Bauindustr­ie. 96 Prozent der Unternehme­r beschreibe­n ihre Geschäftsl­age als gut oder befriedige­nd. Auch bei den Dienstleis­tern hat sich die Konjunktur im Jahresverl­auf beschleuni­gt, sie profitiere­n am meisten von allen Sektoren von der hervorrage­nden Konsumstim­mung und auch vom Export. Entgegen den Erwartunge­n konnte sogar der Finanzsekt­or profitiere­n. Und infolge der erfolgreic­hen Dienstleis­ter und der Industrie boomen derzeit Logistik und Gastgewerb­e.

Lediglich beim Handel gibt es ein gespaltene­s Bild. Insgesamt beurteilen die rheinische­n Händler die Lage ebenfalls besser. Das ist aber weit überwiegen­d vom Großhandel getrieben. Der meist stationäre Einzelhand­el spürte zunehmend die Konkurrenz aus dem Internet.

Der Fachkräfte­mangel hat alle anderen Faktoren bei der Frage nach den größten Risiken im Geschäft abgelöst. 50 Prozent der Firmen berichten von teils großen Problemen, offene Stellen zu besetzen. In der boomenden Bauindustr­ie sind es sogar 74 Prozent der Betriebe, gefolgt von der Tourismusb­ranche mit 64 Prozent.

Laut Berghausen ist Qualifizie­rung von Mitarbeite­rn ein Mittel gegen Fachkräfte­mangel. Die IHKs erwarten aber auch steigende Löhne durch die Knappheit.

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