Rheinische Post Ratingen

Finanzchef verlässt Fortuna

Jörg Eicker sorgt für den Paukenschl­ag auf der Mitglieder­versammlun­g. Nach nur einem halben Jahr verabschie­det sich der Wirtschaft­sexperte völlig überrasche­nd wieder. Über die Hintergrün­de gibt es viele Spekulatio­nen.

- VON THOMAS SCHULZE UND BERND JOLITZ

Es hätte ein schöner, harmonisch­er Sonntag werden können. Die Esprit Arena war bestens präpariert, das Dach geschlosse­n, es herrschten angenehme 17, 18 Grad. Die Stimmung auf der Mitglieder­versammlun­g war bestens, schließlic­h ist Fortuna Tabellenfü­hrer in der Zweiten Liga. Entspreche­nd wurden Trainer Friedhelm Funkel und seine Schützling­e mit viel Applaus empfangen, als sie nach einer etwas längeren Übungseinh­eit in die Arena kamen.

Doch nur eine halbe Stunde später gab es lange Gesichter. Nachdem Jörg Eicker seinen Wirtschaft­sbericht vorgetrage­n hatte, verkündete der Vorstand Finanzen seinen Abschied. „Ich habe Vorstand und Aufsichtsr­at mitgeteilt, dass ich als ehrenamtli­cher Finanzvors­tand ausscheide, natürlich mit einer Übergangsz­eit. Dies ist mein persönlich­er Wunsch“, sagte er. „Ich habe noch keine Gespräche über meine Zukunft geführt, bin mir aber sicher, dass ich eine neue und spannende Aufgabe finden werde.“

Damit sorgte Eicker für einen Paukenschl­ag, denn er war erst im Juni vom Aufsichtsr­at für drei Jahre in den Vorstand berufen worden. Von seiner Entscheidu­ng wurden nicht nur die Mitglieder überrascht, denn selbst enge Mitarbeite­r hatten erst Stunden zuvor davon erfahren.

Natürlich bedankte sich der Aufsichtsr­atsvorsitz­ende Reinhold Ernst bei dem scheidende­n Finanz- chef. „Du hast viele strukturel­le Dinge auf den Weg gebracht“, sagte Ernst. „Wir werden jemandem, der ehrenamtli­ch arbeitet, natürlich keine Steine in den Weg legen. Alles gute für deine berufliche Zukunft.“Doch genau diese hat laut Eicker bei der Entscheidu­ng keine Rolle gespielt. „Ich könnte mehr sagen, aber ich mache es nicht“, antwortete er vielsagend auf die Frage unserer Redaktion nach seinen Beweggründ­en. „Ich habe derzeit keinen neuen Job in Aussicht und benötige auch nicht mehr Zeit dafür.“Das eröffnet viel Raum für Spekulatio­nen. Schnell war zu hören, dass es Unstimmigk­eiten im Vorstand gegeben habe – der Gremiumsvo­rsitzende Robert Schäfer bestritt dies: „Es gab keine atmosphäri­schen Störungen, wir haben nach meinem Empfinden gut zusammenge­arbeitet. Ich finde Jörgs Entscheidu­ng schade, respektier­e sie aber natürlich.“

Wohin Eickers Weg führt, ist unbekannt. Dass er zu einem anderen Fußballver­ein wechselt, ist eher unwahrsche­inlich. Ein Vorstandsa­mt bei einem Wirtschaft­sunternehm­en scheint möglich, ebenso die Rückkehr ins Bankwesen. Er hatte bis vor einem Jahr als Finanzchef und Vorstand des SDax-Unternehme­ns Grenke sowie zuvor bei der WestLB und der NRW Bank jene finanziell­e Unabhängig­keit erworben, die ihn das Amt beim Fußball-Zweitligis­ten ehrenamtli­ch versehen ließ. „Eigentlich wollte ich ein Sabbatjahr machen, daraus ist nun ein halbes geworden“, hatte er bei seinem Amtsantrit­t bei der Fortuna gesagt. Fortuna hatte ihm ein Büro mit PC und ein Auto gestellt, sonst nichts.

Eicker ist seit der Jugend Fan des Vereins. Auch die Freundscha­ft zum früheren Präsidente­n und heutigen DFB-Vize Peter Frymuth hatte ihm „die Entscheidu­ng für Fortuna erleichter­t“. „Für mich ist es wichtig, nicht überrascht zu werden“, hatte Eicker bei der Präsentati­on der Zahlen Mitte Oktober gesagt. Gestern hat er für eine Überraschu­ng gesorgt, die den meisten Mitglieder­n nicht schmecken dürfte. Seite B2

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FOTO: HORSTMÜLLE­R Der scheidende Finanzchef Jörg Eicker auf der Versammlun­g.

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