Rheinische Post Ratingen

„Püppchen liegen mir nicht“

Die Hauptrolle in Giacomo Puccinis „Madama Butterfly“in der Rheinopern-Premiere singt die aus Yerewan stammende Sopranisti­n Liana Aleksanyan. Das Finale des berühmten Belvedere-Wettbewerb­s war ihr Sprungbret­t.

- VON REGINA GOLDLÜCKE

Die Spuren, die sie als Geisha CioCio-San zog, reichen durch halb Europa. Klagenfurt und Valencia gehören dazu, die Mailänder Scala und die Deutsche Oper am Rhein. Insgesamt kommt Liana Aleksanyan auf zehn Inszenieru­ngen von Puccinis „Madama Butterfly“. Nach der Premiere in Duisburg (im vergangene­n Jahr) freut sich die Sopranisti­n aus Armenien nun auf ihr Düsseldorf­Debüt in dieser Rolle. Und auf ihre Lieblingss­zene: „Wenn ich im zweiten Akt nach dem Fall der Hiroshima-Bombe die amerikanis­che Flagge schwenke – wow, da muss ich mich zurücknehm­en. Sonst kann ich vor lauter Emotionen kaum noch singen.“

Nach wie vor habe die Partie einen hohen Reiz: „Die Geschichte ist wunderschö­n, wenn auch unendlich traurig. Man sieht, zu welchem Opfer eine Frau aus Liebe fähig ist.“Liana Aleksanyan verteidigt den Selbstmord ihrer tragischen Heldin: „Sie ist doch noch so jung! Wir alle erinnern uns an unsere erste Liebe. Dafür tut man alles, oder?“

Was sie an der Inszenieru­ng von Joan Anton Rechi mag: „Sie ist weder sehr traditione­ll noch sehr modern. Auf jeden Fall aber theatralis­ch, fast wie ein Film. Man darf richtig spielen.“Das wollte das Mädchen aus Yerewan schon immer. „Ich stellte mich vor den Spiegel und sang, die Haarbürste war mein Mikrofon“, erzählt sie. „Dabei probierte ich alle Gefühle aus, sogar geweint habe ich.“Zwar folgte die junge Liana zunächst dem Wunsch des Vaters, der sie gern als Pianistin gesehen hätte. Doch nach der Solisten-Ausbildung setzte sie ihren eigenen Kopf durch: „Ich wollte es unbedingt mit dem Singen probieren, spürte aber, dass meine Stimme noch nicht reif genug war. Ein Lehrer tröstete mich, ich würde meinen Weg schon finden.“

Sie hielt an ihrem Traum fest, arbeitete weiter an sich und überbrückt­e die Zeit mit Malerei und Keramik. „Erst mit 22 Jahren kamen die richtigen Töne aus mir heraus“, sagt sie und lacht. Dann ging alles sehr schnell. Erstmals wurde der Belvedere-Wettbewerb in Armenien ausgetrage­n. Liana Aleksanyan erreichte das Finale, erhielt Angebote aus Frankreich und Norwegen und ein festes Engagement in Braunschwe­ig. „Erst war ich nicht so begeistert: Braunschwe­ig! Ich dachte ja, die ganze Welt wartet auf mich. Aber dann war ich dort sehr glücklich, weil ich mir ein großes Repertoire aneignen konnte.“

Und auch Ausflüge an andere Häuser waren möglich, oft sehr spontan: „Ich bin ein großer Einspringe­r“, berichtet sie. Einmal, bei Giuseppe Verdis „La Traviata“an der Hamburgisc­hen Staatsoper, traf sie nur 40 Minuten vor der Vorstellun­g ein: „Kostüm, Haare, Make up, schnell die Bühne anschauen und raus. Es wurde ein fantastisc­her Abend.“Traut sie sich mit ihren 36 Jahren schon jede Rolle zu? „Nein. Jeder Sänger hat ein Gefühl, wann eine Partie für ihn richtig ist. Ich habe viele Toscas abgesagt, obwohl ich sie liebe. Damit will ich noch ein wenig warten.“

 ?? FOTO: ANNE ORTHEN ?? Liana Aleksanayn, 36-jährige Sopranisti­n, hat die Partie der Cio-Cio-San schon oft gesungen. Jetzt tritt sie damit an der Rheinoper auf.
FOTO: ANNE ORTHEN Liana Aleksanayn, 36-jährige Sopranisti­n, hat die Partie der Cio-Cio-San schon oft gesungen. Jetzt tritt sie damit an der Rheinoper auf.

Newspapers in German

Newspapers from Germany