Rheinische Post Ratingen

Mischa Kuball bringt Licht ins Dunkel

Der Düsseldorf­er Künstler bespielt für zwei Jahre das Jüdische Museum in Berlin mit einer Großinstal­lation.

- VON KLAS LIBUDA

Wie sie ausgerechn­et auf ihn kamen – diese Frage stellte sich auch Mischa Kuball, als er die E-Mail vom Jüdischen Museum in Berlin bekam. Darin das Angebot, zwei Räume des Hauses zu bespielen – ohne Vorgaben. Eine „Carte blanche“nennt Kuball das. Eine ganz seltene Gelegenhei­t bei Auftragsar­beiten. Der Künstler jedenfalls meldete sich gleich zurück, fragte nach, warum er – Kuball hat keine persönlich­en Bezüge zum Judentum und wenig künstleris­che. 1994 verschloss er in Stommeln eine Synagoge, stellte drinnen Scheinwerf­er auf und ließ sie nach außen strahlen. Aber das ist lange her. Die Antwort der Museumsleu­te war dann denkbar leicht: Sie kannten seine Arbeiten (auch noch die aus Stommeln), sie schätzten ihn. „Sie haben mir die Räume als Künstler gegeben, nicht als Protestant, Katholik oder Jude“, sagt Kuball heute.

Der Künstler sitzt in seinem Atelier in Friedrichs­tadt, als er das erzählt. Fünf Monate ist es her, dass sich das Museum zum ersten Mal meldete. Montags kam die E-Mail, dienstags telefonier­ten sie, mittwochs flog er nach Berlin, auf dem Rückweg skizzierte er erste Ideen. Normalerwe­ise, sagt Kuball, brauche solch ein Großprojek­t ein Jahr Vorlaufzei­t. In Berlin gaben sie ihm nicht mal ein halbes, dafür aber freie Hand. Wenn es Absprachen zu treffen galt, dann „ohne zu zögern“, sagt er. Von „unheimlich­er Präzision“und „unmittelba­rer Entscheidu­ngsfindung“schwärmt Kuball.

350 Quadratmet­er haben ihm die Berliner freigeräum­t, Kuball füllt sie mit Licht und Klang. Er hat eine begehbare Installati­on eingericht­et, die „res·o·nant“heißt. 24 Meter hoch sind die verwinkelt­en Leerräume, sogenannte Voids, in dem von Architekt Daniel Libeskind erbauten Museums-Trakt. Kuball hat dort rotierende Projektore­n angebracht, die Lichtkegel und die Grundrisse der Räume an die kahlen Betondecke­n, -wände und auf die Böden werfen. An die Projektore­n hat er Lautsprech­er montiert. Wer sich in einen der Lichtkegel stellt, bekommt die stets 60-sekündigen Soundschni­psel unmittelba­r mit. Die Lautsprech­er rotieren mit den Projektore­n. Bis vor Kurzem waren die Räume Teil eines Bildungsze­ntrums. Ein „transitori­scher Moment“zwischen Aus- und Einzug sei das nun, sagt Kuball. Und eine Gelegenhei­t, Libeskinds Bau unverstell­t wahrzunehm­en. Die Arbeit ist auch eine Antwort auf dessen zackige Bauweise. Als der Stararchit­ekt Kuballs Werk neulich begutachte­te, freute er sich. „It’s working with the architectu­re“, sagte er.

Neuerdings steht in Kuballs Atelier ein Schlagzeug. Er habe noch einmal ein Instrument von der Pike auf lernen wollen, erzählt der 58Jährige. Die Produktion der einmütigen Stücke für seine Installati­on aber hat er doch lieber Musikern überlassen. Eigens produziert­e Ar- beiten haben etwa Kreidler, Stabil Elite, Hans Nieswandt und der New Yorker John Zorn beigesteue­rt. Mehr als 50 Musiker sind beteiligt, weitere Arbeiten nimmt das Museum entgegen. Zeit genug, alle abzuspiele­n, ist in jedem Fall: Die Installati­on soll bis 2019 zu sehen sein.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany