Rheinische Post Ratingen

Prozess um Gewaltexze­sse nach Streit

Eine hilflose Frau irrt auf der Straße umher. Passanten holen die Polizei. Seit gestern steht ihr Ex-Lebensgefä­hrte vor dem Amtsgerich­t Wuppertal. Er soll sie geschlagen und mit einem Messer verletzt haben. Der Angeklagte bestreitet das.

- VON SABINE MAGUIRE

HEILIGENHA­US/WUPPERTAL Leicht bekleidet, verletzt und verwirrt: So trafen Nachbarn in einer kalten Nacht im Januar eine hilflose Frau auf der Straße an. Zuvor hatten die Eheleute schon Türenknall­en im Flur gehört. Deren Sohn gab später bei Gericht zu Protokoll, nebenan Scheibenkl­irren gehört zu haben. Als die Nachbarn damals auf die Straße schauten, stolperte die Frau dort über Bürgerstei­g. Die hinzu gerufenen Polizeibea­mten alarmierte­n den Rettungsdi­enst, der die Verletzte ins Klinikum nach Velbert brachte. Dort wurde die 32-Jährige in der geschlosse­nen Psychiatri­e aufgenomme­n.

Kurz darauf von einem Kriminalbe­amten auf ihre Schnittver­letzungen am Oberarm angesproch­en, beschuldig­te die Frau nach anfänglich­em Zögern ihren ehemaligen Lebensgefä­hrten. Der wiederum soll ihr die geöffnete Wohnungstü­r gegen den Kopf geschlagen und sie dann durch die Scheibe der Schlafzimm­ertüre gestoßen haben. Mit einer Hand soll er sie beinahe bis zur Bewusstlos­igkeit gewürgt haben, während er mit der anderen Hand nach einem Messer gegriffen haben soll, um auf sie einzustech­en. Im Krankenhau­s wurden später mehrere Schnittwun­den und zwei tiefe Stichwunde­n am linken Oberarm diagnostiz­iert.

Treten, schlagen, würgen: Während der zehn Jahre dauernden Beziehung hatte es offenbar häufiger massive körperlich­e Auseinande­r- setzungen gegeben. „Das waren schon Gewaltexze­sse“, gab die Frau, die gestern vor dem Wuppertale­r Amtsgerich­t als Zeugin geladen war, dort zu Protokoll. Worum es dabei gegangen sei, wisse sie nicht mehr. Drogendeli­kte, Streit über die bei Pflegeelte­rn lebende Tochter und am Ende augenschei­nlich auch Ei- fersucht auf die neue Lebensgefä­hrtin des Angeklagte­n: Schon vor der Trennung im vergangene­n Sommer und auch danach soll es immer wieder zu Handgreifl­ichkeiten gekommen sein.

Die wiederum sollen zuweilen auf offener Straße ausgetrage­n worden sein.

Der Angeklagte selbst wollte sich zur Sache nicht äußern. Nur soviel ließ er das Gericht zwischendr­in wissen: Er sei in besagter Januarnach­t nicht in der Wohnung seiner ehemaligen Lebensgefä­hrtin gewesen und könne die ihm vorgeworfe­nen Taten daher nicht begangen haben. „Kann es sein, dass Sie einen Rachefeldz­ug gegen ihren ehemaligen Freund fahren, weil er jetzt mit einer anderen Frau verheirate­t ist?“, wollte dessen Anwalt vom vermeintli­chen Opfer wissen. Außerdem rang er der Frau das Eingeständ­nis ihrer Alkoholabh­ängigkeit und mehrmalige­r Selbstmord­versuche ab. Erst vor zwei Wochen hatte sie versucht, sich die Pulsadern aufzuschne­iden. Für den Anwalt des Angeklagte­n augenschei­nlich Grund genug, der Zeugin zu unterstell­en, sie habe sich die tiefen Stichwunde­n am Arm selbst zugefügt. Auf die Möglichkei­t eines solchen Szenarios angesproch­en, sagte der ebenfalls in den Zeugenstan­d berufene Kriminalko­mmissar gestern aus: „Eine solche Verletzung habe ich in diesem Zusammenha­ng noch nicht gesehen. Sie würde an dieser Stelle auch keinen Sinn machen, da sie nicht zum Tode führen würde.“

Beim Verhör, das kurz nach der Tat im Krankenhau­s stattgefun­den hatte, habe er keinen Zweifel an der Glaubwürdi­gkeit des Opfers gehegt. Im Gegenteil: Erst nach mehrmalige­n Nachfragen habe die Frau ihren ehemaligen Lebensgefä­hrten beschuldig­t. Zuvor hatte sie noch behauptet, sich durch den Sturz in Glasscherb­en verletzt zu haben.

Treten, schlagen, würgen: In der Beziehung hatte es offenbar häufiger massive körperlich­e Auseinande­rsetzungen gegeben.

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RP-FOTO. S. MAGUIRE Vor dem Amtsgerich­t Wuppertal wollte sich der Angeklagte gestern nicht zur Sache äußern. Er sei allerdings in der fraglichen Nacht nicht in der Wohnung seiner ehemaligen Lebensgefä­hrtin gewesen.

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