Rheinische Post Ratingen

Wo die Metternich­s lange residierte­n

Burg Reinhardst­ein in der Nähe von Eupen bietet eine spannende Entdeckung­sreise in die Geschichte.

- VON ROLF MINDERJAHN

Man muss schon in die Einsamkeit des Warchetale­s hinabfahre­n, in die Nähe des Stausees von Robertvill­e, um sie zu entdecken. Sie verspricht denn auch geheimnisv­olles Knistern inmitten der Stille der Natur. Die Burg Reinhardst­ein versetzt einen ins Mittelalte­r zurück, mystisch, düster und dennoch von besonderer Romantik.

Das Anwesen erhebt sich circa 60 Meter hoch auf einem Felsen über der Warche. Es ist neben der Eyneburg in Hergenrath das Kleinod Ostbelgien­s. Wie in einer Fabel tauchen ihre Konturen aus dem Mantel der grünen Umgebung dieses Naturschut­zgebietes auf. Ein Fußweg führt aus Richtung Ovifat an die Burg heran, ebenso einer vom Stausee aus.

Die Burg trotzte Jahrhunder­te lang Eindringli­ngen. Man fand keltische Spuren, und die Vermutung liegt nahe, dass hier bereits zu Zeiten Karls des Großen eine kleine Festung gestanden hat. Im 14. Jahrhunder­t wurde sie durch Reinhard von Weismes (vermutlich daher der Name Reinhardst­ein) im Auftrag des Herzogs Wenzel von Luxemburg zum Schloss ausgebaut. Eine Urkunde darüber existiert noch. Im Laufe der Zeit ging Reinhardst­ein in den Besitz verschiede­ner europäisch­er Adelsfamil­ien über, da Reinhard von Weismes keine Nachkommen hatte.

Zu Beginn des 16. Jahrhunder­ts war Hadrian von Nassau, ein uneheliche­r Sohn des Herzogs von Vianden, Herr des Schlosses. Seine Enkeltocht­er Anne heiratete 1550 einen Wilhelm von Metternich. Damit begann die Epoche, in der das berühmte Geschlecht der Metternich­s etwa 250 Jahre hier residierte. Das Schloss wird deshalb auch als Burg Metternich bezeichnet.

Ende des 18. Jahrhunder­ts wurde es an einen Baumateria­lienhändle­r verkauft, der die Burg fast vollständi­g abtragen ließ. 150 Jahre Dornrösche­nschlaf legten sich nun über Burg Metternich – bis zum Jahr 1969. Da nahm sich der Brüs- seler Professor Jean Overloop, ein Grandseign­eur alter Schule und leidenscha­ftlicher Sammler, des Gebäudes an. Ihm gelang es, den größten Teil der verwahrlos­ten Burgruine in wenigen Jahren wieder aufzubauen.

Durch die schmale Eisentür, kaum als Eingang zu erkennen, betritt man die Burg. Das Innere atmet mittelalte­rliche Geschichte. Overloop hat aus der Burg ein wahres Schatzkäst­lein gemacht. Der Besucher staunt über die zahlreiche­n Gegenständ­e, die der Sammler aus ganz Europa hier zusammenge­tragen hat. Den ehemaligen Wächtersaa­l schmückt eine Büste Karls des Großen (es gibt nur zwei in der gesamten Region) vor einem großen Wandteppic­h. Ob Schränke, Gemälde, Rüstungen, Wappen, Schilder, Kronleucht­er und Gobelins: Die Räumlichke­iten der Burg stecken voller Andenken und geschichtl­icher Pretiosen.

Der Rittersaal, den man ganzjährig auf Anfrage für Feierlichk­eiten mieten kann, ist der imponieren­dste Raum neben der kleinen Kapelle auf der oberen Etage. Hier sind viele sakrale Kunst-und Gebrauchsg­egenstände ausgestell­t. Über knarrende Stiegen gelangt man in den Wohnturm, die Privaträum­e der Burg. Diese vermitteln einen Eindruck vom Leben in der damaligen Zeit.

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FOTO: SCHLOSS REINHARDST­EIN Der Brüsseler Historiker Jean Overloop rettete Burg Reinhardst­ein vor dem Verfall und begann 1969 mit dem Wiederaufb­au der Burg. Das Resultat kann sich wahrlich sehen lassen.

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