Buddha am Spielfeldrand
Buddha, das verraten die einschlägigen Nachschlagewerke, ist „der Erwachte, ein Wesen, das aus eigener Kraft Vollkommenheit erreicht und die grenzenlose Entfaltung aller in ihm vorhandenen Potenziale erreicht hat“. Dem Erwachten wird eine ausgeprägte Ruhe bescheinigt und ein leises Mitgefühl für all jene, die noch nicht so weit sind. Er ruht in sich selbst.
Vielleicht ist Joachim Löw nicht Buddha. Aber Zweifel sind erlaubt, ob der Fußball-Bundestrainer noch so richtig unter uns ist. Mit einem verzeihenden Lächeln bedenkt er die Bangen und Verzagten, die von
Viele Trainer haben sich schon daran versucht, über den Dingen zu stehen. Nur einem ist es offenbar gelungen.
irdischer Unsicherheit geplagt sind und voller Bedenken zur WM 2018 schauen, nur weil die Franzosen am Dienstag in Köln mal ein paar Tricks gezeigt haben, die Niklas Süle und Emre Can noch nicht kannten. „Ich mache mir keine Sorgen“, sagt Löw. Und es ist, als ob jemand irgendwo ein goldenes Glöckchen schaukelt. Es ist ein Wunder, dass der oberste Fußball-Übungsleiter anschließend noch aufstehen kann – so entspannt verharrt er im Hier und Jetzt. Wenn seine Gesprächsrunden mit den Spielern ähnlich verlaufen, wovon die aktuelle Löw-Forschung ausgeht, ist der Weg zur angstfreien Ge- sellschaft in der DFB-Abteilung Titelverteidigung nicht mehr weit.
Von wegen „dieser Weg wird kein leichter sein“, wie Xavier Naidoo als musikalischer Adjutant der WM 2006 trällerte. Derartige Ebenen hat Löw längst verlassen. Damals war er ja noch Assistent von Jürgen Klinsmann, dem in späteren Jahren allerdings ebenfalls eine gewisse Nähe zu Buddha oder zumindest jenen Produkten nachgesagt werden kann, die im Möbelhaus zu erwerben sind.
Vielleicht hat er den großen Jogi ein wenig zu wörtlich ausgelegt, als er Buddha-Figuren in die SpielerLounge der Bayern schleppen ließ. Über solch alltäglichen Mumpitz ist Löw längst hinaus. Er ist ein lebendes Beispiel dafür, was Tiefenentspannung und Titel (oder umgekehrt) anrichten können – im positiven Sinn, versteht sich.
Trotzdem wird er spätestens im nächsten Frühjahr wieder anfangen, seinen Mitmenschen von den bevorstehenden übermenschlichen Anstrengungen zu predigen. Und voller Weisheit wird er verkünden, dass „die großen Spiele in den Kleinigkeiten entschieden werden“. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de