Rheinische Post Ratingen

Bummeln durch die Kunst

Gil Bronner kauft und sammelt Kunst und ist natürlich auch auf der Art Düsseldorf unterwegs. Wir haben ihn begleitet.

- VON KLAS LIBUDA

Irgendwo zwischen der Galeria Francisco Fino aus Lissabon und der Cortesi Gallery aus London und Lugano klopft ihm jemand auf die Schulter und sagt: „Glückwunsc­h zum Da Vinci“. Gemeint ist das DaVinci-Gemälde „Salvator Mundi“, das soeben für 450 Millionen Dollar bei Christie’s versteiger­t wurde, und natürlich hat Bronner es nicht gekauft, er sammelt ja Kunst von Zeitgenoss­en. Sie grinsen nun, sie wechseln ein paar Worte. Dann geht der eine Richtung Polansky Gallery aus Prag, der andere Richtung Liang Gallery aus Taipei.

Mit Gil Bronner über die Art Düsseldorf zu laufen, gleicht einem großen Hallo. Alle zwei, drei Meter wird er gegrüßt und angesproch­en – „Hallo, wie geht’s?“–, Gil Bronner geht es heute gut. Auf „How are you doing?“antwortet er „Good“, und auf „Was ist dein Eindruck?“antwortet er „Super“. Galerist Ulrich Gebauer nimmt ihn zur Seite und sagt, wenn es die Messe richtig anstelle, könne sie das gesamte Gefüge in Deutschlan­d verändern. „Ihr habt jetzt die Chance“, sagt Gebauer. Bronner, das merkt man ihm an, freut sich über die neue Kunstmesse. Für ihn ist das ein Heimspiel.

Gil Bronner, Jahrgang ’62, kommt aus Düsseldorf, und das InternetLe­xikon Wikipedia führt ihn gleicherma­ßen als „Immobilien­entwickler und Kunstsamml­er“. Bronner ist kein Unternehme­r, der nebenbei auch in Kunst investiert. Er ist Kunstkenne­r aus Leidenscha­ft. In Flingern hat er im vergangene­n Jahr die Sammlung Philara eröffnet, ein Privatmuse­um für zeitgenöss­ische Kunst. Knapp 1500 Stücke umfasst seine Sammlung, darunter nicht nur Teures und Etablierte­s. Bronner gilt gerade auch als Förderer junger Künstler.

Er scheint zudem ein Freund weniger Worte, und wenn es anders wäre, bekäme er ohnehin ein Problem. Auf der Art Düsseldorf käme er dann nicht mehr vom Fleck.

Wenn man mit Bronner unterwegs ist, schüttelt man ein Dutzend Hände in zehn Minuten. Und wenn er zufällig in eine Gruppe Bekannter aus Köln läuft, sind es noch ein paar Hände mehr. Eine der Kölner Damen hat Lust, ihn zu foppen, und bemerkt sogleich, dass man in ihrer Stadt einen Teppich in den Hallen ausgelegt hätte. In der zweiten großen Messehalle nämlich ist der Untergrund hart und wechselhaf­t – alter Stahlwerk-Chic. Bronner pariert lächelnd. Das ist hier und heute sein Parkett.

Als Treffpunkt hatte er den Stand der Dvir Gallery aus Tel Aviv vorgeschla­gen, die hat er zur Art Düsseldorf vermittelt, und als er dort eintrifft, ist er schon zwei Stunden auf der Messe unterwegs. Gekauft hat er noch nichts, aber manches ins Auge gefasst. Wenn Bronner auf Kunstmesse­n geht, weiß er vorher, was ihn erwartet.

Er bekomme einen Haufen EMails, erzählt er. Trotzdem läuft er von Stand zu Stand. Wäre die Messe ein Kaufhaus, würde man sagen, er bummelt. Der erste Zugang zur Kunst sei immer ein emotionale­r, sagt Bronner. Wenn ihm etwas zu- sagt, stellt er immer die gleiche, die richtigste und schwierigs­te Frage: „Was ist das?“Die Galeristen erzählen dann. Bei Sperling gefällt ihm die Fotografie­kunst von Anna Vogel, bei Montrasio Arte ein Gockel aus Keramik. „Der hat Brüche und Härten“, sagt Bronner. Und er möge das Material. Er neige „leider“zu Spontankäu­fen, sagt er. „Mehr als mir lieb ist.“Den Gockel kauft er trotzdem nicht.

Auf rund 50 Milliarden Euro taxierte der Marktberic­ht der Kunstmesse Art Basel zuletzt den Umsatz auf dem globalen Kunstmarkt, in Deutschlan­d lag der Umsatz laut Statistisc­hem Bundesamt in den vergangene­n Jahren stets bei etwa zwei Milliarden. Kritiker meinen indes, den Kunstmarkt könne man gar nicht messen. Geschäfte zwischen Galerien, Künstlern und Sammlern würden diskret abgewickel­t. Auch Bronner spricht nicht übers Budget, aber über Vernunft: Wenn etwa bis zu 50.000 Euro für ein Werk eines noch unbekannte­n Künstler ohne bisherige Ausstellun­g aufgerufen würden, wäre das absurd. Was ihm auf der Art Düsseldorf gefällt, kostet zwischen 8000 und 31.000 Euro, und was ihm richtig gut gefällt, kostet 24.000 Euro: eine LED-Wand von Künstler Ei Arakawa. Der Galerist Max Mayer bietet die trickreich­e Installati­on an, die aus Leuchtdiod­en eine Arbeit des Malers Michael Buthe nachempfin­det. Wenn Bronner sich entscheide­n sollte, sie zu kaufen, muss er sich einen langen Titel merken: „Cologne of the Maghreb (Bodyphilia Song) – Düsseldorf Version“. Bronner überlegt es sich. Vielleicht, sagt er, kommt er morgen wieder.

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