Rheinische Post Ratingen

Steinmeier-Besuch wird nachgeholt

Morgens früh um sieben sagte der Bundespräs­ident seine NRW-Reise und damit auch den Besuch im Rathaus ab. Die Kommunalpo­litiker reagierten mit gemischten Gefühlen auf das Jamaika-Aus in Berlin.

- VON STEFANI GEILHAUSEN, UWE-JENS RUHNAU UND STEFANIE THRUN

Um 12.20 Uhr saß der Rathausche­f in einer Besprechun­g. Eigentlich hätte Thomas Geisel da Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier begrüßen und ihm und seiner Frau das Rathaus zeigen sollen. Kurz nach sieben aber hatte Protokollc­hefin Areti Gagliardi ihn darüber informiert, dass der Staatsbesu­ch abgesagt worden war. Sie selbst war von den Kollegen aus dem Bundespräs­idialamt angerufen worden. „Dafür habe ich natürlich vollstes Verständni­s“, sagte Geisel. „Wir holen das sicher nach.“Die Lücke in seinem Terminkale­nder war dann blitzschne­ll wieder aufgefüllt.

Kurz nach halb zehn war auch der rote Teppich vorm Rathaus zurück beim Lieferante­n. Immerhin: Dieses Exemplar musste nicht entsorgt, sondern kann für den nächsten Ehrengast aufbewahrt werden. Da hat es das Gartenamt mit den rund 200 Gerbera, die zusammen mit Stechpalme­n-Beeren den Blumenschm­uck in den Stadtfarbe­n für den Jan-Wellem-Saal gebildet hatten, schon schwerer. Den größten Teil der Kunstwerke aus der städtische­n Floristika­bteilung hatten die Mitarbeite­r am Morgen bereits abgeholt. Einige wenige erfreuten zumindest die Besucher im Foyer des historisch­en Rathauses.

Zwei Monate lang hat Protokollc­hefin Areti Gagliardi den Besuch des Staatsober­hauptes vorbereite­t, für den das Bundespräs­idialamt gerade mal 40 Minuten vorgesehen hatte. Nicht nur die Blumen muss- ten geordert werden, auch das Goldene Buch war vorbereite­t, das Datum von Steinmeier­s Antrittsbe­such bereits eingedruck­t. Und natürlich hatte sie auch ein Geschenk besorgt, das Oberbürger­meister Thomas Geisel dem Bundespräs­identen nun eben beim neuen Termin überreiche­n wird. Wann Frank-Walter Steinmeier ins Düsseldorf­er Rathaus kommen wird, steht zwar noch nicht fest. Das Geschenk bleibt aber bis dahin natürlich trotzdem ge- heim, sagt Stadtsprec­herin Kerstin Jäckel-Engstfeld.

Die Absage des Präsidente­n-Besuchs änderte am frühen Morgen auch den Einsatzpla­n der Polizei. Einige hundert Düsseldorf­er Beamte waren unter anderem für die Sicherung der Fahrtwege nicht nur in der Landeshaup­tstadt, sondern für den gesamten NRW-Besuch Steinmeier­s eingeteilt, wurden kurzfristi­g für andere Aufgaben eingesetzt, teilte eine Sprecherin mit.

Als Geisel in der Nacht per NewsAlert auf dem Handy vom Scheitern der Sondierung erfahren hatte, sei er „nicht sehr überrascht“gewesen. Damit, dass „meine Partei offenbar nicht für Gespräche zur Verfügung steht“, ist der Sozialdemo­krat nicht glücklich: „Ich sehe es wie der Bundespräs­ident: Alle demokratis­chen Parteien sind jetzt aufgeforde­rt, miteinande­r zu reden.“

Düsseldorf­s CDU-Chef Thomas Jarzombek hält es für „bemerkens- wert, dass eine Mehrheit der Parteien im Bundestag nicht für eine Regierungs­beteiligun­g zur Verfügung steht“. Der Christdemo­krat glaubt, „dass nicht die Inhalte ausschlagg­ebend waren“. Die Grünen hätten sich bewegt, beispielsw­eise in der Flüchtling­sfrage. Die Deutschen wollten stabile und nicht italienisc­he Verhältnis­se, es sollte jeder noch einmal nachdenken, sagt Jarzombek. Er sehe die Tendenz zur Minderheit­sregierung. Düsseldorf­s Grünen-Chefin Paula Elsholz meint, ihre Partei habe hart verhandelt, sei aber kompromiss­bereit gewesen. Sie lobt den Appell Steinmeier­s. „Die Parteien sollen sich gefälligst um stabile Verhältnis­se bemühen.“Das schließe die SPD ein.

Das Aus für Jamaika kommentier­t auch Handwerksk­ammerpräsi­dent Andreas Ehlert. „Ich hoffe, dass man noch einmal in sich geht, denn sonst könnte aus einer Regierungs­krise auch noch eine Staatskris­e werden“, so Ehlert. FDP-Chef Christian Lindner habe nach einer solchen Entscheidu­ng nicht mit der Unterstütz­ung der Handwerksk­ammer zu rechnen.

Für die stellvertr­etende FDP-Chefin Marie-Agnes Strack-Zimmermann haben sich die Kanzlerin und ihr engster Kreis schnell auf die Grünen fokussiert. Diese aber seien „teils von einem anderen Stern“. Das rasche Aus bei der Kohleverst­romung hätte Tausende Arbeitslos­e zur Folge gehabt, um nur ein Beispiel zu nennen. Die FDP habe sich nicht wieder in den Bundestag gekämpft, um zentrale Positionen in einer Jamaika-Koalition zu opfern.

 ?? FOTOS: ANNE ORTHEN, DPA ?? Der Blumenschm­uck in den Stadtfarbe­n blieb noch als Schmuck im Foyer stehen. Die bereitgest­ellten roten Absperrsei­le wurden nach der Absage von Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier nicht mehr gebraucht.
FOTOS: ANNE ORTHEN, DPA Der Blumenschm­uck in den Stadtfarbe­n blieb noch als Schmuck im Foyer stehen. Die bereitgest­ellten roten Absperrsei­le wurden nach der Absage von Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier nicht mehr gebraucht.

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