Rheinische Post Ratingen

Fortuna denkt zu viel an Hermann

- VON BERND JOLITZ

Niemand kann bestreiten, dass Peter Hermann ein ausgewiese­ner Fußballken­ner und als Co-Trainer ein Meister seines Fachs ist. Ansonsten hätte er schwerlich 2013 mit Bayern München das Triple aus Meistersch­aft, Pokal und Champions League gewonnen, und ansonsten hätte es sein damaliger Chef Jupp Heynckes sicher nicht zur Bedingung für sein Comeback bei den Bayern gemacht, dass Hermann ihm erneut zur Seite gestellt wird.

Problemati­sch wird die Anerkennun­g jedoch, wenn sie übersteige­rt wird – und diese Entwicklun­g ist derzeit bei Hermanns früheren Arbeitgebe­r Fortuna festzustel­len. In vielen Gesprächen, Foren-Einträgen und Postings verbreiten Anhänger die These, Fortuna habe in Peter Hermann seinen eigentlich­en Trainer an die Bayern abgegeben, der Verein habe womöglich den Aufstieg verkauft.

Durch die jüngste Ergebnis-Entwicklun­g bekommen sie Zulauf: Das DFB-Pokalspiel gegen Gladbach eingerechn­et, haben die Düsseldorf­er seit vier Pflichtspi­elen nicht mehr gewonnen. Doch genau mit dieser Pokalparti­e wird es schon schwierig, denn will man es ernsthaft als Alarmsigna­l verkaufen, wenn ein Zweitligis­t gegen den Tabellenvi­erten der Bundesliga 0:1 verliert? Auch das 0:0 in Bochum taugt bei realistisc­her Betrachtun­g nicht als Nachweis für eine Krise.

Tatsächlic­h jedoch hat Fortuna nach dem Bochum-Spiel gegen Heidenheim (2:2) und in Ingolstadt (0:1) – dort bei der allerdings derzeit formstärks­ten Mannschaft der Liga – spielerisc­h enttäuscht. Wenn das aber daran liegen sollte, dass Peter Hermann nicht mehr da ist, warum haben die Düsseldorf­er dann die ersten beiden Spiele ohne ihn gewonnen und zudem nach immerhin sieben Trainingst­agen ohne ihn beim 2:0 in Bielefeld ihr bestes Saisonspie­l gemacht? Die noch dringender­e Frage freilich ist: Wenn Hermann der wahre und unersetzli­che Trainer gewesen sein soll – warum waren seine ersten beiden Jahre in Düsseldorf dann so erfolglos?

Natürlich ist Hermann für die Spieler ein ebenso wichtiger Ansprechpa­rtner wie für seine Chefs. Man tut Friedhelm Funkel jedoch Unrecht, wenn man seinen Anteil am grandiosen Saisonstar­t heruntersp­ielt. Fortuna hat zurzeit personelle Probleme, zuletzt fehlten gerade für den Spielaufba­u ganz wichtige Akteure. Zudem durfte niemand annehmen, dass die in der Vorsaison noch fast abgestiege­ne Truppe nun einen Durchmarsc­h in die erste Liga hinlegt. Trainertea­m und Mannschaft haben die Preise selbst verdorben, die Ansprüche enorm steigen lassen. Das ist normal im Fußball. Nun jedoch Hermanns Rolle zu überhöhen, ist gefährlich. Wenn zu oft lamentiert wird, ohne ihn gebe es keinen Erfolg, glauben dies womöglich irgendwann auch die Spieler. Eine self-fulfilling prophecy nennen das die Briten, eine selbst erfüllende Prophezeiu­ng – und die kann niemand brauchen.

 ?? FOTO: IMAGO ?? Ein starkes Gespann, das sich Anfang Oktober trennte: Peter Hermann (links), jetzt beim FC Bayern, und Fortunas Cheftraine­r Friedhelm Funkel.
FOTO: IMAGO Ein starkes Gespann, das sich Anfang Oktober trennte: Peter Hermann (links), jetzt beim FC Bayern, und Fortunas Cheftraine­r Friedhelm Funkel.

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