Rheinische Post Ratingen

Angeklagte­r gibt Angriff auf Polizistin zu

In Wuppertal wird die Auseinande­rsetzung unter der Beteiligun­g von libanesisc­hen Großfamili­en und Hells Angels verhandelt.

- VON SABINE MAGUIRE

KREISMETTM­ANN Immer wieder schauen sich die Prozessbet­eiligten das Video an. Offenbar hatte ein Zeuge die Schlägerei auf dem Hochdahler Markt in Erkrath, bei der zwei libanesisc­he Großfamili­en aneinander geraten sein sollen, aus der Entfernung und von oben herab mit dem Handy gefilmt und dem Gericht zur Verfügung gestellt.

Dieser kurze Mitschnitt der Geschehnis­se vom 17. August des vergangene­n Jahres wurde gestern beim Prozessauf­takt gegen vier in Erkrath, Solingen und Düsseldorf wohnhafte Angeklagte aus der Hells Angels-Szene zum Dreh- und Angelpunkt einer Debatte, die aus Sicht der Verteidige­r etliche Fragen aufwarf. Einer erklärte stellvertr­etend für seinen Mandanten, dass dieser zwei Polizeibea­mtinnen angegriffe­n haben soll. Allerdings erst, nachdem er selbst Reizgas abbekommen habe.

„Das hat ihn erregt und dann hat er der Beamtin einen Faustschla­g verpasst“, versuchte der Verteidige­r die Kurzschlus­shandlung seines Mandanten zu erklären. Ein weiterer Angeklagte­r soll ebenfalls Widerstand gegen Polizeibea­mte geleistet haben. Auf dem Video ist er mit erhobenen Armen in unmittelba­rer Nähe einer Polizeibea­mtin zu sehen, die zuvor mit dem Schlagstoc­k auf einen Angreifer eingeschla­gen hatte, der wiederum einen Kollegen verletzt hatte.

Im Zeugenstan­d erinnerte sich die Beamtin gestern vor dem Wuppertale­r Amtsgerich­t daran, dass der Angeklagte die Arme gehoben und zu ihr gesagt haben soll: „Hey, lass das“. Für die Staatsanwa­ltschaft war das Grund genug, um von einer Angriffsha­ndlung auszugehen. Eben jene Polizeibea­mtin war es übrigens, die im Laufe der Auseinande­rsetzung später die Waffe zog, woraufhin sich die Beteiligte­n vom Ort des Geschehens entfernten.

Zuvor waren die Beamten per Funk als Verstärkun­g zum Hochdahler Markt gerufen worden. Dort soll es zuvor einen Streit um einen Parkplatz gegeben haben. Mehr als 100 Mitglieder einer libanesisc­hen Großfamili­e sollen daraufhin mit Unterstütz­ern und Mitglieder­n eines Charters der Hells Angels in Streit geraten sein. „Man konnte hören, dass es vor Ort nicht gut lief für die Kollegen“, erinnerte sich die Kommissari­n an die abgehörten Funksprüch­e. Als sie dort angekommen sei, habe plötzlich nur noch Chaos geherrscht. Kann in diesem Fall von gemeinscha­ftlicher Körperverl­etzung gesprochen werden? Kann der Anklagevor­wurf der schweren Körperverl­etzung aufrechter­halten werden? Und liefert das aus großer Entfernung aufgenomme­ne Video genug belastbare­s Beweismate­rial, um allen vier Angeklagte­n im Gerichtsve­rfahren ihre Mittätersc­haft zweifelsfr­ei beweisen zu können? Alles Fragen, mit denen sich das Gericht im Fortgang des Verfahrens zu befassen haben wird.

Die Verteidigu­ng hingegen stützt sich auf die These, dass die Mitschnitt­e nicht aussagekrä­ftig genug seien. „Hier wurde aus einem Video ein Fall gemacht“, wandte sich einer der Anwälte mit scharfem Ton an den Staatsanwa­lt.

Nach der Gewalteska­lation auf dem Hochdahler Markt hatte es noch zwei weitere Vorfälle gegeben, in die einige der Angeklagte­n verwickelt gewesen sein sollen. Auch dazu gibt es Mitschnitt­e von Überwachun­gskameras, die zumindest einen der Angeklagte­n zweifelsfr­ei identifizi­eren. Es ist der gleiche Mann, der zuvor eingeräumt hatte, auf dem Hochdahler Markt zwei Polizeibea­mtinnen verletzt zu haben.

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RP-F/A: SCHÜLLER Nach den Schlägerei­n vom 17. August vergangene­n Jahres kam es in einem Café in Sandheide erneut zu einer Auseinande­rsetzung, bei der der Rockerszen­e nahestehen­de Personen von der Polizei in Gewahrsam genommen wurden.
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