Rheinische Post Ratingen

Alles Spitze!

- VON ULLI TRAUB

Brügge ist die Stadt der Kunsthandw­erker: Ein Juwelier klöppelt mit Goldfäden, eine Damenmaßsc­hneiderin verziert Brautkleid­er mit Spitze und ein Amerikaner malt mit Buchstaben.

Ja, es gibt sie noch in der flämischen Touristenh­ochburg: die authentisc­hen Produkte, die in Handarbeit erzeugt werden. Und sie haben nicht nur mit der Klöppelei zu tun. Das neue Label „Handmade in Brügge“führt auf die Spur des Kunsthandw­erks – und in das Geschäft von Peter Quijo. In 1aLage, zwischen Belfried und Rathaus, klöppelt der Juwelier Goldfäden zu Schmuckstü­cken. „Brügge ist noch vor Antwerpen eine Diamantens­tadt gewesen“, erzählt Quijo. „Und eine gute Inspiratio­nsquelle für mich.“So hat er sich zum Beispiel einen Schliff für Diamanten patentiere­n lassen, der einen Kompass sichtbar werden lässt. „Das ist eine Referenz an die Seefahrert­radition der Stadt.“Ein anderer Schliff sei vom Brügger Kopfsteinp­flaster angeregt worden.

Auch Spitze ist in Brügge allgegenwä­rtig – häufig als maschinell erzeugte Ware aus Fernost. Echte Brügger Spitze ziert zum Beispiel die Lingerie von Sun Mae oder die Kleider von Veerle Praet. Die Damenmaßsc­hneiderin, die auf Brautmode spezialisi­ert ist, arbeitet nach den individuel­len Wünschen der Kundinnen. „Spitze verarbeite ich zum Beispiel gerne als Applikatio­n an einem Dekolleté.“Aufträge aus aller Welt belegen den Erfolg ihrer klassisch-hochwertig­en Couture. „Bald muss ich mir ein neues Atelier suchen, denn die Kundinnen wünschen immer längere Schärpen“, bemerkt Veerle Praet und lächelt.

Wer sich selbst an Klöppel und Fäden versuchen möchte, ist im 2014 eröffneten Zentrum für Spitze, das in einer historisch­en Klöppelsch­ule untergebra­cht ist, richtig. Im dortigen Museum kann man erste Griffe üben und erfahrenen Klöpplerin­nen zuschauen. Wen dann der Ehrgeiz packt, sollte über einen Workshop nachdenken, der im Zenzentrum für Spitze angeboten wird.

Ein Zitat von Coco Chanel läuft als kalligrafi­ertes Schriftban­d durch die Ausstellun­g. Spitze-Motive prägen die Buchstaben­gestaltung von Brody Neuenschwa­nder, einem Textkünstl­er, der nicht nur Darstellun­gsweisen, sondern eigene Wörter kreiert. „Zwischen der Kalligrafi­e und dem westlichen Kunstbegri­ff steht eine meterhohe Mauer“, meint Neuenschwa­nder. „Die möchte ich gerne einreißen.“In Asien und Arabien gelte die Kalligrafi­e als Kunst.

Das Werk des in Brügge lebenden Amerikaner­s ist von Emotionali­tät geprägt. „Ich suche in meiner Arbeit vor allem den Dialog der Kulturen.“Neuenschwa­nder, der Arabistik studiert hat und sich bescheiden Buchstaben­experte nennt, hat etwa Bronzegloc­ken für

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FOTOS: ULLI TRAUB Der Künstler unter den Handwerker­n: Brody Neuenschwa­nder bei einer kalligrafi­schen Studie.
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Der mit den Goldfäden klöppelt: Juwelier Peter Quijo mit seinem ungewöhnli­chen Arbeitsger­ät.

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