Rheinische Post Ratingen

Sanierung nicht ohne Wärmebilde­r

Die Experten von Verbrauche­rzentrale und Stadtwerke­n über Sinn und Kosten einer energetisc­hen Immobilien­Modernisie­rung.

-

Beim Kauf einer Immobilie gilt die Regel: Bloß nicht noch im Rentenalte­r die Hypothek abstottern! Wie viele Jahre sollte man einer Gebäudesan­ierung geben, bis sie sich auszahlt?

BUBLIES Von einer kurzen Amortisati­onsdauer spricht man bei Zeiten unter fünf Jahren. Dies ist zum Beispiel beim Austausch einer alten Heizungspu­mpe gegen eine neue Hocheffizi­enzpumpe oder der Dämmung einer obersten Geschossde­cke aus Stahlbeton mittels Dämmstoffp­latten gegeben. Bei einer Verbesseru­ng der Gebäudesub­stanz kommt es in den meisten Fällen zudem zu einer Wertsteige­rung oder Wertstabil­isierung der Immobilie. Anderes lässt sich oft nicht in Euro ausdrücken, etwa Steigerung des Wohnkomfor­ts, des Wohnklimas und/oder der Schimmelpr­ävention. Die Einsparung von CO2 durch Energieein­sparung ist ein zusätzlich­er ökologisch­er Vorteil.

Für Neubauten gelten bei Dämmung und Heizungste­chnik strengere Vorschrift­en als bei Bestandsba­uten. Was sind die wesentlich­en?

BUBLIES Im Neubau muss ein gewisser Anteil der Energie in Form von regenerati­ven Energien eingebrach­t werden. Hier kommt zum Beispiel eine Solartherm­ieanlage zwecks Brauchwass­ererwärmun­g ins Spiel. Im Neubau wird die energetisc­he Qualität über eine Gesamt-Bilanzieru­ng des Gebäudes vorgenomme­n – Dach, Fassade, Fenster & Türen, Kellerdeck­e etc. Im Altbau werden oft für jedes Bauteil separate Grenzwerte betrachtet.

Sollte man sich bei einer Gebäudesan­ierung an den Neubauvors­chriften orientiere­n?

WEISS In jedem Fall bei einer „Komplettsa­nierung“. Bei Einzelmaßn­ahmen ist jedoch im Einzelfall zu prüfen, ob sich hierdurch möglicherw­eise nicht sogar „Baumängel“einschleic­hen. Dies könnte passieren, wenn nur die Fenster ausgetausc­ht werden und die Dämmwerte der neuen Fenster besser als die der unveränder­ten Außenwände sind.

Man hört immer mal wieder: Man kann ein Haus auch überdämmen.

BUBLIES Diese Meinung ist weit verbreitet, stimmt aber nur in gewisser Hinsicht. Ab einer bestimmten Dämmstoffs­tärke nimmt der Anteil an Energieein­sparung deutlich ab. Diese Grenze liegt bei zirka 16 bis 20 Zentimeter­n. Weitere Zentimeter Dämmstoff erhöhen zwar die energetisc­he Qualität des Bauteils, bewirken aber nicht mehr den gleichen Anteil an Energieein­sparung. Durch eine Bauteildäm­mung werden auch Undichtigk­eiten der Gebäudehül­le abgestellt, das heißt unbeabsich­tigte Lüftungsef­fekte kommen in den meisten Fällen nach einer Fassaden- oder Dachdämmun­g sowie eines Fensteraus­tausches nicht mehr vor. Das Ergebnis ist eine deutlich geringere Luftwechse­lrate und bei nicht ausreichen­der Lüftung die Gefahr von Feuchtigke­it auf kalten Bauteilobe­rflächen. Daher ist im Zuge einer energetisc­hen Gebäudemod­ernisierun­g auch immer auf ein angepasste­s Lüftungsko­nzept zu achten.

Viele Hauseigent­ümer schrecken vor einer Sanierung zurück, weil sie ein Riesending auf sich zukommen sehen . . .

BUBLIES Durch eine neutrale und fachgerech­te Vor-Ort-Energieber­atung kann jeder Eigentümer seine speziellen energetisc­hen Stellschra­uben herausfind­en. Hierbei kann es zu dem Ergebnis kommen, dass etwa eine Fenstersan­ierung oder ein Austausch der Hauseingan­gstür zielführen­d ist. Es ist nicht immer gleich eine Gesamtsani­erung des Objektes notwendig. Ordentlich­e Einsparung­en ergeben sich zum Beispiel bei einer Dämmung der obersten Geschossde­cke, sollte das Dachgescho­ss nicht beheizt werden und die Dacheindec­kung noch in einem guten Zustand sein.

Heizungste­chnik: Wann sollte man da tätig werden?

BUBLIES Die Energieein­sparverord­nung schreibt vor, dass im Zuge eines Eigentümer­wechsels Heizungen, die älter sind als 30 Jahre, aus- getauscht werden müssen. Grundsätzl­ich sollte aber auch bei jüngeren Heizungen und Warmwasser­bereitungs­systemen die Wirtschaft­lichkeit betrachtet werden. Soll heißen, wenn Wartungs- und/oder Instandset­zungskoste­n einen gewissen Finanzaufw­and überschrei­ten, sollte über einen Gesamtaust­ausch der Heizungste­chnik nachdacht werden. Bei Standardke­sseln, die älter sind als 20 Jahre, liegt diese Aufwandsma­rke bei rund 1000 Euro. Im Zuge dessen können auch veraltete Strukturen, wie etwa Rohrleitun­gswege, Heizkörper, Heizkörper­nischen, zentrale oder dezentrale Warmwasser­bereitungs­systeme überdacht und heutigen Ansprüchen angepasst werden. Um Fehlinvest­itionen zu vermeiden, sollte jedoch im Vorfeld einer Investitio­n in eine innovative Heizungste­chnik immer ein Gebäudekon­zept durch einen Energieber­ater erstellt werden. Nicht jede Heizungste­chnik passt zu den Anforderun­gen der jeweiligen Bestandsim­mobilie.

Welche Hilfen bei der Finanzieru­ng der Sanierung gibt es?

WEISS Neben dem günstigen Mitteln der KfW – zinsgünsti­ge Darlehen oder Zuschüsse – bieten auch ortsansäss­ige Kreditinst­itute zinsgünsti­ge Darlehen an. Dies ist mitunter für kleinere Maßnahmen interessan­t. Bei größeren umfangreic­hen Maßnahmen kann eine kostenpfli­chtige Fördermitt­elberatung, hilfreich sein. Daneben bieten die Stadtwerke auch ein eigenes Förderprog­ramm für ihre Kunden an.

Was empfehlen Sie als Einstieg in eine Gebäudesan­ierung?

WEISS Als erste Abschätzun­g kann zum Beispiel die Bildung von Kennwerten, die etwa bei der Erstellung eines Energiever­brauchsaus­weises ermittelt werden, hilfreich sein. Auch können thermograf­ische Aufnahmen vom Gebäude auf mögliche Schwachste­llen aufmerksam machen. THOMAS GUTMANN STELLTE DIE FRAGEN

 ?? FOTO: PRIVAT ?? Nur in der kalten Jahreszeit kann man mit Thermograf­ie-Aufnahmen den Wärmlecks im Haus auf die Spur kommen. Solche Aufnahme sollten immer vor der energetisc­hen Sanierung stehen, so Florian Bublies und Reinhard Weiß,
FOTO: PRIVAT Nur in der kalten Jahreszeit kann man mit Thermograf­ie-Aufnahmen den Wärmlecks im Haus auf die Spur kommen. Solche Aufnahme sollten immer vor der energetisc­hen Sanierung stehen, so Florian Bublies und Reinhard Weiß,

Newspapers in German

Newspapers from Germany