INFO Kretschmer verlor gegen den AfD-Kandidaten
len Brüchen in Biografien, weil etliche Menschen unverschuldet längere Zeit arbeitslos waren. Wichtig ist auch, die starren Vorgaben zur Arbeitszeit zu lockern. Betriebe werden in die Kriminalität getrieben, weil sie, wie im Hotelgewerbe, Mitarbeiter länger als zehn Stunden am Tag beschäftigen müssen.
Werden Sie mit der AfD gemeinsame Sache machen?
KRETSCHMER Nein.
Wie geht das jetzt weiter mit CDU und AfD?
KRETSCHMER Wir haben einen großen Anteil von Populisten von links und von rechts und sollten auf sie weder mit riesiger Erregung noch mit Empörung oder mit Ignorieren reagieren. Beides ist falsch. Wir müssen uns auch als Union hinterfragen, welche Regelungen, welche Gesetze und Vorstellungen wir ha- ben und welche Werkzeuge, um das Land zu gestalten. Und wir müssen uns fragen, ob das noch die richtigen Werkzeuge sind.
Was muss die Union ändern?
KRETSCHMER Wir haben bei der Bundestagswahl mit einem besseren Ergebnis gerechnet. Jetzt müsste die Union das schlechte Abschneiden aufarbeiten. Aber das schafft sie im Moment nicht. Wir sind damit beschäftigt, diesem Land eine Regierung zu geben. Wichtig ist Bewegung in der Flüchtlingspolitik, der Europapolitik und der inneren Sicherheit. Wir müssen deutlich sagen, dass wir mehr Rückführungsabkommen mit den Herkunftsstaaten brauchen, als wir sie bisher haben. Polizei und Justiz müssen nötige Abschiebungen konsequent durchsetzen können. Und wir müssen begrenzen. Da brauchen wir doch keine Wortklauberei zu betreiben. Davon abgesehen können wir mit der gleichen Summe, mit der wir einen Flüchtling in Deutschland unterstützen, zehn bis zwanzig in den Herkunftsländern versorgen. Auch das ist solidarisch.
Was bleibt den Bürgern von den gescheiterten Jamaika-Verhandlungen in Erinnerung?
KRETSCHMER Die Lehre aus der Geschichte ist doch, dass demokratische Parteien koalitionsfähig sein müssen. Das haben wir in den letzten acht Wochen nicht hinbekommen, und das hat der Demokratie und dem Ansehen der Parteien geschadet. Bis hin zum Gemeinderat schauen sich die Menschen das genau an. Sie überprüfen, ob andere in einer schwierigen Situation die Sache in den Griff bekommen so wie etwa Angela Merkel und Peer Steinbrück in der Schuldenkrise, als sie den Menschen zusicherten: Die Ein- Geboren 7. Mai 1975 in Görlitz Werdegang Ausbildung zum Büroinformationselektroniker, Fachabitur auf dem zweiten Bildungsweg, Studium des Wirtschaftsingenieurwesens in Dresden Politik 1989 Eintritt in die Christlich-Demokratische Jugend, 1994– 1999 Stadtrat in Görlitz, 2002– 2017 im Bundestag, 2017 Verlust des Direktmandats an den AfDKandidaten, seit 2005 Generalsekretär der sächsischen CDU. Im Dezember soll er als Nachfolger Stanislaw Tillichs neuer Ministerpräsident von Sachsen werden. Familie Ledig, zwei Kinder lagen sind sicher. Oder ob Politiker, die man aus dem Fernsehen kennt, nach vier Wochen hinschmeißen und sagen, sie wollen nichts damit zu tun haben.
Welchen Anteil hat der Wunschpartner der Union, die FDP?
KRETSCHMER Einen großen. Das sieht man beim Thema Solidaritätszuschlag. Warum musste die FDP auf den hundertprozentigen Abbau in dieser Legislaturperiode bestehen. Warum reichten nicht 50 Prozent? Es ging doch darum, Bürger und Unternehmen zu entlasten. Mit der Reduzierung auf die Hälfte hätten zwei Drittel aller Deutschen überhaupt keinen Soli mehr bezahlen müssen. Die FDP hat der Demokratie keinen guten Dienst erwiesen. Das wird vielen in Erinnerung bleiben. Das war wirklich schlechter Stil. KRISTINA DUNZ FÜHRTE DAS GESPRÄCH.