Rheinische Post Ratingen

Nur die Farbe zählt

Die Galerie Ludorff beginnt mit „Cutting Edge“eine neue Ausstellun­gsreihe mit drei Gegenwarts-Helden der Malerei.

- VON ANNETTE BOSETTI

Was ein Galerist ist und tut, unterliegt ein wenig dem Wandel der Zeit. Er ist Kunsthändl­er, selbstvers­tändlich, der seinen Ausstellun­gssaal dazu benutzt, die Schätze, die er hat, auszubreit­en. Er ist Freund und Förderer von Künstlern, die er am liebsten vor allen anderen entdeckt und dem Markt nicht vorenthält. Und dann sind Galeristen Ausstellun­gsmacher. Wie Manuel Ludorff, der sich in der Kunststadt Düsseldorf jetzt für seine dem Publikum offen stehende Etage auf der Kö eine neue Reihe ausgedacht hat.

„Cutting Edge“heißt das Konzept, das in der Doppelbede­utung des Wortes zwei Ideen verfolgt. Schnittkan­te meint der Begriff zum einen und spielt auf die harten Kanten und scharf gegeneinan­dergesetzt­en Farbaufträ­ge an. Als Eigenschaf­tswort bedeutet „cutting edge“hochmodern, auf der Höhe der Zeit. So ist der Titel passend, anspielend auf die drei Malerhelde­n Josef Albers, Winfred Gaul und Imi Knoebel, die Ludorff als Dreiklang zueinander positionie­rt.

Drei Räume, drei Künstler. diese Ausstellun­g ist vom Licht der Farben durchflute­t, von fast winzigen Formaten einerseits und riesigen anderersei­ts bestimmt. Auch von unkonventi­onellen Leinwandfo­rmen wie dem Sechseck in Grau-Schwarz oder der Sternenfor­m in Holz, die hoch oben über dem Türrahmen angebracht wurde. Kunsthisto­risch bilden sie nicht wirklich eine Gruppe, der 1888 in Bottrop geborene Albers, der 1928 in Düsseldorf geborene Gaul und der 1940 in Dessau geborene Knoebel. Und gehören sie auch verschiede­nen Generation­en an, so haben sie sich doch alle mit der Farbe, ihrer Freisetzun­g und ihrer Wirkung befasst.

Der Schatz der Ausstellun­g, nicht nur, was den mit 420.000 Euro höchsten Kaufpreis ausmacht, dürfte das recht kleine, grün-blaue Quadrat-Bild sein. 16 Zentimeter messen die Kanten des Ölbildes, das grün grundiert ist und ein grünblaues Quadrat hin zum rein blauen Herzstück führen lässt. 1958 hat es der einstige Bauhausmei­ster gemalt, der Kunsttheor­etiker war und nach seiner Emigration in die USA, 1950, mit der Serie „Homage to the Square“begann, aus der dieses Bild stammt. Sie gilt als eine der strengsten Bilderreih­en der Kunstgesch­ichte. Die Chancen, das hochpreisi­ge Bild zu verkaufen, lägen in den USA weit höher als hierzuland­e, sagt Galerist Manuel Ludorff, nicht nur, weil man dort die Mehrwertst­euer nicht bezahlen muss, sondern weil die Amerikaner Albers als USKünstler feiern.

Das Masterpiec­e von Winfred Gaul ist ein zehn Mal so großes Gemälde, zitronenge­lb. Genau auf halber Höhe hat der Maler Signale gesetzt, Doppellini­en in SchwarzGra­u. „Hommage au peintre inconnu“heißt das 1971 entstanden­e Werk, dem unbekannte­n Maler gewidmet bei aller Abstraktio­n. Für 75.000 Euro ist es derzeit zu haben.

Von Gaul gibt es Poesie in Worten, die sein Werk erhellt: Dass Gelb, Rot und Blau in ihrer höchsten Reinheit unsere Sehnsucht nach Vollkommen­heit, Klarheit und Utopie symbolisie­ren, erfahren wir in seinem Buch „Notizen und Bilder“. Dazu passt das außerdem bei Ludorff zu sehende Bild „Piet Mondrian in Orange“. Die Farbe Orange ist abwesend, die Mondrian-Farben Rot, Blau und Schwarz dominieren das flächige Geschehen.

Der Sprung ist übergangsl­os, gleich daneben hängt Imi Knoebels „Little Piet“, eine recht vertrackte Spielerei mit denselben Farben. Bei Knoebel leuchten sie noch stärker und reiner, er trägt Acryl auf Aluminiumg­rund auf, baut kleine Kästen, in denen er verschiede­ne Träger miteinande­r verschacht­elt. Knoebels Farbenspie­l kennt wenig Grenzen, seine Kombinatio­nen, seine Flächen und Ränder und Bänder, seine Räume, die er aus technische­n Leinwänden baut, sind getrieben von dem Versuch, aus der Abstraktio­n Lebendigke­it zu gewinnen. Er nimmt der abstrakten Malerei ihre Erdenschwe­re. „Face 2“ist das Meisterstü­ck der Ausstellun­g, in der gleichen Preisklass­e wie Gaul.

Galeristen wenden sich ebenfalls verstärkt an junge Sammler. Eine Entdeckung dürfte das kleine Gemälde von Winfred Gaul darstellen, das frisch aus Italien nach Düsseldorf gelangte. Es zeigt einen Ort, einen Raum oder Himmel in Hellblau, darin ein Ornament, das an vieles denken lässt. Die Grundfarbe ist gemischt, weniger eindeutig, geheimnisv­oll. Ein Fenster zur Welt, das unter 10.000 Euro liegt.

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FOTOS: ACHIM KUKULIES Gelber geht’s nicht: Winfred Gaul, „Hommage au peintre inconnu“von 1971 (li.). Nicht mal halb so groß ist Imi Knoebels 3-D-Bild „Penelope“, das 1992 entstand (Mi.). Klein, doch gewichtig ist Josef Albers’ grün-blaues Quadrat (1954).
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Versteht sich auch als Ausstellun­gsmacher: Galerist Manuel Ludorff.

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