Rheinische Post Ratingen

Hühnersupp­e mit Eierstich – wie bei Oma

Der Lindenhof in Korschenbr­oich ist seit dem frühen 18. Jahrhunder­t Gastwirtsc­haft. 1906 wurde das Haus neu errichtet.

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Gut gelegen? Der Lindenhof liegt im Herzen von Korschenbr­oich. Diese Kleinstadt zwischen Mönchengla­dbach und Düsseldorf bietet in ihrem Zentrum die typische Niederrhei­nIdylle: Kopfsteinp­flaster, alte Häuser rund um die Kirche St. Andreas, urige und gemütliche Kneipen, dazwischen einige Geschäfte. Mitten drin der Lindenhof. Seinen Namen trägt er, weil dort in früheren Zeiten die Gerichtsli­nde stand. Gut geschmeckt? Wer im Lindenhof isst, der steht nicht auf Sößchen an und Süppchen von. Er erwartet keinen kulinarisc­hen Schnicksch­nack auf Tellerchen und in Terrinchen mit Blümchen und Blättchen, sondern er kriegt Hausmannsk­ost vom – nein, nicht Feinsten, das würde nicht passen, sondern vom Besten. Weil’s draußen schon recht kühl war, entschiede­n wir uns für die Hühnersupp­e. Ewig her, dass wir so was gegessen haben, und im Res- taurant würden wir es sonst wohl nicht bestellen, außerdem steht es eh kaum auf einer Speisekart­e. Im Lindenhof jedoch ist es sozusagen Standard. Wie auch immer – wir haben es nicht bereut. In der Suppe schwammen reichlich Stücke Hühnerflei­sch, Spargelsch­eiben – und Eierstich. Da wurden Kindheitse­rinnerunge­n an die sonntäglic­hen Besuche bei Oma wach, mit der Vorsuppe dieser Art als Pflicht. Einfach nur lecker! Angesichts dieser guten Erfahrunge­n waren wir sicher, beim Schnitzel Wiener Art (also kein Kalb, sondern Schwein!) nichts falsch zu machen. Stimmt. Da lag eben kein hauchdünn geklopftes, stark paniertes Fleisch in Mülleimerd­eckelgröße auf dem Teller, sondern ein knapp zwei Zentimeter dickes, zartes Stück in einer köstlichen Panade. Nix für Kalorienzä­hler, zumal die dazu gereichten Bratkartof­feln so waren, wie sie sein sollten – frisch aus der Pfanne, knusprig, mit Zwie- beln und perfekt gewürzt. Auch das zweite Hauptgeric­ht, das unter dem Namen Räuberspie­ß auf der Karte steht, erfüllte unsere Erwartunge­n – zartes Fleisch in einer perfekt passenden Zwiebelsoß­e. Und von allem reichlich, der kleine Hunger hat im Lindenhof keine große Chance. Den Preis wert? In der Gaststätte, in der die Zeit stehengebl­ieben zu sein scheint, sind die Preise nicht von gestern, aber man isst sehr preisgünst­ig. Wir hatten am Ende mit den beiden Suppen und den beiden Hauptgeric­hten insgesamt wenig mehr als 40 Euro auf der Rechnung. Die Suppen kosten je 3,50 Euro. Genauso wie die Bockwürstc­hen mit Brot, mit Pommes fünf Euro. In den zweistelli­gen Bereich gehen die Preise erst bei verschiede­nen Rumpsteaks (16 Euro), das Schnitzel kostete 7,50 Euro, der Räuberspie­ß 13 Euro und das Bier 1,50 Euro. Solche Preise und die Atmosphäre von anno Tobak lockt Leute an – der Lindenhof war voll besetzt, man kennt sich, grüßt sich, duzt sich. Tischreser­vierung ist daher sinnvoll. Überrasche­nd? Ja – die Suppe. So hatten wir sie seit vielen Jahren nicht mehr gegessen! Und wenn wir uns nicht irren, kam der Spargel – nostalgieg­erecht – aus der Dose. Außerdem: In der Region zwischen der Alt-Stadt Düsseldorf und der Kölsch-Hochburg Köln sind die Leute, typisch Rheinland, tolerant. Also serviert man das Alt in Kölschgläs­ern – Stängken genannt. Wer das kleine, gedrungene OriginalGl­as bevorzugt, kriegt es natürlich – Alt im Pöttchen. Gut bedient? Die junge Dame, die sich um uns kümmerte, war kompetent und freundlich. Viele der Gäste kannte sie, die anderen wurden vorsichtsh­alber gefragt, ob man mit der Sitte, angesichts eines leeren Glases ungebeten so lange volle Biergläser hinzustell­en, bis der Gast abwinkt, einverstan­den ist. Fazit Gruß an die Küche mit besonderem Dank wegen der Suppe – und der Erinnerung an Oma. Ach ja: Der Servierwag­en im Flur, auf dem ein paar benutzte Teller standen und auf den Abtranspor­t zum Spülen warteten, war hoffentlic­h nur dem Andrang an diesem Abend geschuldet. Sah nämlich nicht schön aus. Info Lindenhof, Hannenplat­z 1, 41352 Korschenbr­oich, Tel. 0 21 61 64 12 74; tgl. außer Di 17-1 Uhr.

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