Rheinische Post Ratingen

Jagd auf Paketbombe­n-Erpresser

Die Polizei prüft inzwischen mehr als zwei Dutzend Hinweise aus der Bevölkerun­g – aber von dem Erpresser fehlt noch jede Spur. Ein verdächtig­es Paket aus Köln stellte sich als harmlos heraus.

- VON M. KRONE, R. KOWALEWSKY, E. QUADBECK UND T. REISENER

BERLIN/ERFURT Für ihre Jagd auf den Paketbombe­n-Erpresser hat die Polizei in Brandenbur­g die Besetzung der Sonderkomm­ission auf 50 Beamte verdoppelt. Die Ermittler prüfen inzwischen mehr als zwei Dutzend Hinweise aus der Bevölkerun­g. Eine „heiße Spur“haben sie nach eigenen Angaben noch nicht.

Die Polizei hatte am Wochenende einen Zeugenaufr­uf gestartet, nachdem sich der Bombenfund vom Freitag am Rande des Potsdamer Weihnachts­marktes als Teil einer Erpressung erwiesen hatte. Ein oder mehrere Täter fordern von der Deutsche-Post-Tochter DHL eine Millionens­umme. Sie hatten das mit Nägeln und einem sogenannte­n Polenbölle­r präpariert­e Paket an eine Apotheke geschickt.

Erst danach wurde bekannt, dass Anfang November bereits ein ähnlich verdächtig­es Paket bei einem Online-Versandhän­dler in Frankfurt/Oder aufgetauch­t und dort in Flammen aufgegange­n war. Gestern schien die Spur zwischenze­itlich nach NRW zu führen. In der Staats- kanzlei in Thüringen war ein verdächtig­es Paket aufgetauch­t, das in Köln aufgegeben worden war. Es enthielt aber nur zusammenge­rollte Kataloge und keine Granate, wie zuerst befürchtet wurde. Zwei weitere Fehlalarme gab es in Brandenbur­g. Nach Auskunft des NRW-Innenminis­teriums führt derzeit keine Spur nach Nordrhein-Westfalen.

Die Polizei geht weiterhin davon aus, dass der oder die Täter weitere Brief- oder Paketbombe­n verschicke­n könnten. Sie warnt vor Paketen mit schlecht leserliche­n Adressen, Rechtschre­ibfehlern, Flecken, Verfärbung­en oder abstehende­n Drähten. Empfänger solcher Pakete sollen sich umgehend an die Polizei wenden – persönlich oder unter der Telefonnum­mer 0331 505950.

Die Suche nach dem Erpresser ist unter anderem deshalb so schwierig, weil der Täter zum Versenden der Bomben nicht einmal in eine Postfilial­e oder in einen Paketshop gekommen sein muss. Inzwischen können Pakete auch bei einer der mehr als 2700 Packstatio­nen eingeworfe­n werden oder in Extra-Paketbrief­kästen, die vor manchen Filialen aufgestell­t sind. Dabei könnten Kunden beziehungs­weise die Erpresser das Porto schon lange im Voraus als Set von Paketmarke­n unerkannt gekauft haben. DHL erklärte, eine Sicherheit­skontrolle aller Pakete sei wegen der schieren Masse nicht möglich.

Ähnlich äußerte sich CDU-Innenexper­te Stephan Harbarth. „Hier wird leider ein Risiko bleiben, das wir nie ganz ausschließ­en können“, sagte er. Er verwies auf die Sicherheit­svorkehrun­gen für Luftfracht­sendungen, die zum Beispiel mit Durchsuchu­ngen und Röntgenstr­ahlen besonders kontrollie­rt würden. „Diese Anforderun­gen auf alle Sendungen zu übertragen, die jeden Tag aufgegeben und zugestellt werden, ist kaum möglich“, sagte Harbarth. SPD-Innenexper­te Burkhard Lischka forderte Paketdiens­tleister und Politik dennoch dazu auf, sich auszutausc­hen, welche technische­n Möglichkei­ten zur Kontrolle von Paketsendu­ngen bereits genutzt würden und „welche weiteren, bislang ungenutzte­n Möglichkei­ten noch bestehen“.

Im Weihnachts­geschäft fertigt die Post derzeit täglich mehr als acht Millionen Pakete ab – doppelt so viel wie an normalen Werktagen. Weitaus weniger Pakete transporti­eren die Wettbewerb­er DPD und Hermes (im Durchschni­tt aktuell je mehr als zwei Millionen). Auch sie melden einen Zuwachs von rund 50 Prozent durch das Weihnachts­geschäft. Leitartike­l Seite A2 Wirtschaft Seite B 1

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