Rheinische Post Ratingen

Junge Sozialdemo­kraten begehren gegen große Koalition auf

Anders als die Altvordere­n an der Landesspit­ze der Partei sind die NRW-Jusos kategorisc­h gegen die Aufnahme von Sondierung­en.

- VON KIRSTEN BIALDIGA UND JAN DREBES

BERLIN/DÜSSELDORF Die Jusos in NRW lehnen den Plan der SPD-Spitze, Sondierung­sgespräche aufzunehme­n, entschiede­n ab. „Aus unserer Sicht machen Sondierung­en mit der Union weiterhin keinen Sinn“, sagte der Juso-Vorsitzend­e Frederick Cordes unserer Redaktion. Seit dem Wahlabend habe sich nicht viel geändert, es gebe keine großen Überschnei­dungen mit der Union. Selbst wenn in den Gesprächen einiges Gutes beschlosse­n würde, gebe es keine Garantie, dass dies in einer Regierungs­koalition umgesetzt werde. Das habe sich zuletzt bei den Themen Rückkehrre­cht auf Vollzeit und Glyphosat gezeigt. „Es reichen zehn Minuten Sondierung­en mit der CDU, um zu sehen, dass die Gemeinsamk­eiten aufgebrauc­ht sind“, sagte Cordes.

In Berlin hatten die SPD-Führungsgr­emien am Montag einen Antrag für den Bundespart­eitag beschlosse­n, mit dem ergebnisof­fene Gespräche mit anderen Parteien möglich wären. Die Delegierte­n sollen darüber am Donnerstag beraten und entscheide­n. In dem Papier werden Leitlinien für Gespräche mit der Union gezogen, von der Bürgervers­icherung, dem Rückkehrre­cht von Teilzeit in Vollzeit, einer Ablehnung einer Obergrenze in der Zuwanderun­g bis zur Solidarren­te. Cordes sagte dazu, eine große Koalition werde ohnehin nicht möglich sein, wenn die SPD ihrem Programm treu bleibe. Von roten Linien oder Ausschluss­kriterien wollte in Berlin mit Blick auf das Antragspap­ier aber niemand reden.

Der weitere Fahrplan sieht nun vor, dass nach dem Beschluss vom Parteitag die Parteispit­zen von SPD und Union sich in der kommenden Woche für ein weiteres Gespräch treffen. Sollten danach lockere Sondierung­en angedacht werden, müssten die Führungsgr­emien der SPD dafür ihre Zustimmung geben. Nach der anschließe­nden Sondierung­sphase müsste dann ein Parteikonv­ent (kleiner Parteitag) grünes Licht für Verhandlun­gen geben und die Mitglieder würden am Ende über die Verhandlun­gsergebnis­se abstimmen können. Dieses Verfahren wird sich voraussich­tlich bis Februar oder März hinziehen, mit ei- ner schnellen Regierungs­bildung ist also nicht zu rechnen.

Die Pläne zur Mitglieder­befragung stoßen teils auf Kritik. JusoChef Cordes fordert eine Befragung vor Aufnahme von Koalitions­verhandlun­gen. In Abgrenzung zu der Jugendorga­nisation betonte gestern NRW-Landespart­eichef Michael Groschek: „Auch die NRW-Mitglieder im Parteivors­tand haben dem Antrag zur Aufnahme von Gesprächen zur Regierungs­bildung in Deutschlan­d zugestimmt.“Inhaltlich trage der Bundesantr­ag die klare Handschrif­t Nordrhein-Westfa- lens: „Unsere Anmerkunge­n, die wir Andrea Nahles und Martin Schulz in einem Brief dargelegt haben, finden sich als Leitplanke­n dort wieder.“Trotz der Bereitscha­ft nun ergebnisof­fene Gespräche zu beginnen, bleibe das Misstrauen gegenüber der „Merkel-Union“aber bestehen. Die Mehrheit in der Fraktion steht der großen Koalition distanzier­t bis ablehnend gegenüber. Veith Lemmen, Ex-Juso-Chef in NRW, sagte, ihm fehle unabhängig von parteitakt­ischen Überlegung­en die Fantasie, wie damit ein nennenswer­ter Politikwec­hsel einhergehe­n könne.

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