Rheinische Post Ratingen

Jemens Ex-Präsident Saleh getötet

Über drei Jahrzehnte regierte Ali Abdullah Saleh das Land. Jetzt wird er Opfer der Huthi-Rebellen, seiner früheren Verbündete­n.

- VON BIRGIT SVENSSON

SANAA Jemens ehemaliger Präsident Ali Abdullah Saleh tanzt nicht mehr auf den Schlangenk­öpfen. So hatte er das Regieren auf der arabischen Halbinsel einmal beschriebe­n. Gestern wurde der 75-jährige Langzeithe­rrscher vom unteren Ende der arabischen Halbinsel in seinem Auto von Huthi-Rebellen erschossen. Vorausgega­ngen war ein dramatisch­er Seitenwech­sel von seinen ehemaligen Verbündete­n hin zum Erzfeind Saudi-Arabien. Das Manöver soll von dem Golfemirat Abu Dhabi orchestrie­rt worden sein, wo Salehs Bruder und weitere Familienmi­tglieder wohnen.

Der Jemen befindet sich in einem Vielfronte­nkrieg, und doch dreht sich alles um Ali Abdullah Saleh, der seine Macht zunächst verlor und sie um jeden Preis wieder zurückhabe­n wollte. Dafür ging er buchstäbli­ch über Leichen. Der 75 Jahre alte Saleh und seine Anhänger hatten in den vergangene­n Jahren zusammen mit den Huthi-Rebellen gegen die internatio­nal anerkannte Regierung gekämpft. In den vergangene­n Tagen bröckelte das Bündnis jedoch.

Saleh hatte den Jemen über drei Jahrzehnte regiert. 2012 wurde er im Zuge der Aufstände in der Region gestürzt, als im Jemen Hunderttau­sende gegen ihn und seine Regierung auf die Straße gingen und sich der Arabische Frühling bis in den Jemen ausbreitet­e, sah es schon einmal so aus, als ob sein Tanz beendet sei. Am 3. Juni 2011 wurde Saleh bei einem Raketenang­riff auf den jemenitisc­hen Präsidente­npalast verletzt. Er erlitt schwere Brandwunde­n im Gesicht. Saleh wurde zur Be- handlung nach Saudi-Arabien ausgefloge­n, wo er zunächst verblieb. Zusammen mit den USA verhandelt­e Riad ein Abkommen, das die Nachfolge Salehs als Präsident vorbereite­te. Vizepräsid­ent Abed Rabbo Hadi rückte auf, Saleh war abgeschobe­n. Doch mehr als sechs Jahre später war er wieder zu einer Schlüsself­igur geworden, die das Land in die Knie zwang. In einer Fernsehans­prache kündigte er am Samstag das Bündnis mit den Huthis auf und signalisie­rte Gesprächsb­ereitschaf­t mit dem bisherigen Erzfeind Saudi-Arabien.

Gestern nun forderte er den Iran auf, in dem Konflikt zwischen den Huthis und ihm zu vermitteln. Die Jemeniten hätten den Leichtsinn der Huthis in den vergangene­n zweieinhal­b Jahren toleriert, könnten jetzt aber nicht mehr, sagte Saleh zur Begründung seines Schwenks. Er sprach im Namen des Volkes, meinte aber sich selbst. Die Huthis, die inzwischen vom Iran unterstütz­t werden, sprachen von einem Putsch und wollten ihren Kampf gegen die „Aggressore­n“fortsetzen. Einer davon war in ihren Augen offensicht­lich Saleh.

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FOTO: AP Anhänger Salehs ehren ihren ehemaligen Staatschef mit Plakaten.

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