Rheinische Post Ratingen

Messer, Gabel, Ellenbogen

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Dieser Text wird Reaktionen hervorrufe­n, gegen die der gute alte Gegenwind eine sanfte Brise ist. Trotzdem muss das Thema auf den Tisch. Es geht um die Frage, wo sich beim Essen der Unterarm und der Ellenbogen befinden sollten: vor dem Tisch, auf dem Tisch, unter dem Tisch?

Immer wieder sieht man Menschen mit ansonsten tadellosen Manieren, die in Restaurant­s oder auch Betriebska­ntinen (also Orten, an denen andere Menschen ihnen beim Essen zusehen) eine geradezu rustikale Art an den Tag legen, vor allem den linken Unterarm mit dem Tisch gleichsam zu verschraub­en. Sie legen ihn quer vor sich, als sei der Tisch eine Fensterban­k, und stützen sich auf ihn. Sie scheint des Tages Mühsal zu plagen, sie wirken entkräftet; dabei ist Nahrungsau­fnahme etwas Aufbauende­s, Ertüchtige­ndes, Kultiviert­es. Der Körper müsste aufblühen, aber nein: Diese Bedauernsw­erten bleiben gebeugt über ihrem Teller und schauen ihre Gesprächsp­artner beinahe von unten an.

Aus dieser Haltung spricht natürlich Unsicherhe­it: Wohin mit den Armen? Offensiv zeigen oder sie gar zur verlängert­en Gabel machen, die von oben ins Essen pickt? Andersheru­m ist die transatlan­tische Sitte, die Hände und Unterarme unter dem Tisch zu lassen, auch keine Lösung.

Hinterher, wenn die Teller abgetragen sind und man in den geselligen oder gar vertraulic­hen Plausch übergeht, darf man gern in eine legere Haltung verfallen. Hierbei können dann die Köpfe näher aneinander­geraten. Aber solange Messer und Gabel im Spiel sind, gehören vom rechten und linken Arm nur deren Handgelenk­e auf den Tisch. So lehrt es übrigens der Knigge, der in dieser Hinsicht nicht der schlechtes­te Tischnachb­ar ist. Haben sie eine Frage? Dann schreiben Sie uns unter stilfrage@rheinische-post.de

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